Wüstenrock in der Sumpfstadt
Die Konzertsaison hat begonnen. Und wie! Bombino machte am Samstagabend im St.Galler Palace Lust auf mehr.
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Man muss das Palace nicht zwingend hochloben für jeden gelungenen Wurf. Doch es gibt diese Abende, welche endgültig zementieren, welchen Wert die Hütte für die Stadt hat. Der vergangene Samstagabend war ein solcher. Der nigrische Gitarrist Bombino rockt und bluest universal, verbirgt seine Herkunft damit aber keinesfalls. Das Setup ist einfach: zwei Gitarren, ein Bass, Schlagzeug. Exotischer ist die Inszenierung, die Band tritt im «Chèche» auf, der traditionellen Kopfbedeckung der Tuareg.
Bombino, mit bürgerlichen Namen Goumour Almoctar, wurde von Ron Wyman (endgültig) entdeckt, der den Dokumentarfilm «Agadez, the Music and the Rebellion» über ihn drehte. Sein Vater war früher nicht begeistert über Bombinos Pläne, Musiker zu werden. Um diesen Streitereien aus dem Weg zu gehen, entschloss er sich `96, sich nach Algerien und später Libyen abzusetzen. In der Wüste nahe Tripoli verbrachte er als Hirt viele Stunden damit, alleine die Tiere zu bewachen und Gitarre zu üben.
Ohne Begriffe wie Authentizität zu bemühen: Afrikanische Musik kennt man meist nur aus der Diaspora. Bei Bombino ist das nicht so, bei den Tuareg-Unruhen 2007 kämpfte er auf Seiten der Rebellen, bevor er sich nach Burkina Faso ins Exil absetzte. «Wir haben für unsere Rechte gekämpft, aber haben gesehen, dass Gewehre nicht die Lösung sind. Wir müssen unser System ändern. Unsere Kinder sollen zur Schule gehen und die Tuareg-Identität besser kennen lernen» kommentiert Bombino, der sich dafür einsetzt, dass die Kinder Tamasheq lernen, die Tuareg-Sprache.
Etwas schade ist, dass man seine Lieder nicht versteht: Man müsste Untertitel für Livemusik erfinden. Oder Tamasheq und Arabisch lernen. Was sich lohnen würde: Botschafter wie Bombino hätten grosses Potential, den Agenturmeldungs-abhängigen Medien das Deutungsmonopol abzusprechen. Und Geschichten hat der charmante Jimi Hendrix aus der Sahara bestimmt auch zu erzählen.
Die aktuelle Tournee führt ihn kreuz und quer durch Europa (am 6. Nov nochmals in die Schweiz) und dann noch durch die Staaten. Und im Palace gibt’s auch wieder Tuareg-Sound: Am 1. November spielen Tamikrest aus Mali.