Die Wurlitzer ruft
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«Wenn Bernhard Ruchti in die Tasten greift, glaubt man sich nach Hollywood versetzt. Ein Druck auf «Pferdegetrappel», und schon jagt John Wayne über die Prärie. Oder die Taste «Cable Car» – und wie von Zauberhand taucht die Silhouette von San Francisco auf. Das grandiose Instrument, das diese Zeit- und Raumreisen in Gang setzt, ist eine Wurlitzer…».
So begann vor Jahresfrist der Saiten-Bericht über die dritten St.Galler Stummfilmkonzerte. Jetzt steht die vierte Auflage des eigenwilligen Festivals auf dem Programm. Meisterwerke aus der Stummfilmzeit, wenn möglich analog gezeigt, und dazu Live-Musik auf der historischen Wurlitzer-Kinoorgel von 1923: Das ist das Erfolgsrezept des Anlasses und seines Erfinders Bernhard Ruchti.
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Eine Kirchenorgel, die klingt wie ein Orchester: Die Wurlitzer im Kirchgemeindehaus St. Georgen. (Bild: pd)
Für 2018 hat Ruchti Richard Hills aus London als Gastorganist eingeladen, der bereits 2015 in St. Gallen gespielt hat. Er begleitet am Freitag einen Klassiker des deutschen Stummfilms: Das Cabinet des Dr. Caligari, gezeigt in der restaurierten Fassung von 2014.
Am Samstag greift Hills zu einem der Genies der amerikanischen Komödie in die Tasten: Harold Lloyd. «Sein Kurzfilm Never Weaken gilt als Meisterwerk und besticht durch harlekineske Züge ebenso wie durch halsbrecherische Kapriolen in schwindelerregender Höhe – damals alles ohne Spezialeffekte gedreht», heisst es in der Voranzeige des Festivals. Hauptfilm am Samstag ist Grandma’s Boy, einer der ersten Filme, in denen eine Komödie eine durchgehende Dramaturgie mit realen Charakteren erhalten hat.
St.Galler Stummfilmkonzerte
19. bis 21. Januar, Kirchgemeindehaus St.Georgen
stummfilmkonzerte.ch
Am Sonntag schliesslich flimmern im familienfreundlichen Programm Walt Disneys Alice’s Wonderland, Der scheintote Chinese von Lotte Reiniger und Buster Keaton in Neighbors über die Leinwand, begleitet von Bernhard Ruchti.
Für sein Engagement hat Ruchti im November einen Förderpreis der Stadt bekommen. Die Wurlitzer von St.Georgen ist aber nicht sein einziges Instrument; im Hauptamt ist Ruchti als Organist an der städtischen Hauptkirche St.Laurenzen tätig. Hier hat er unlängst ein Album eingespielt, das Orgel- und Klavierwerke vereinigt und Ruchti auch als Komponisten vorstellt. Echoes from Chrysospilia heisst das Opus.
Besonders gespannt kann man auf den diesjährigen Gastorganisten Richard Hills aus London sein: Er spielt die Wurlitzer-Orgel besonders virtuos:
Dieser Text erschien im Januarheft von Saiten.