Wo sich die Raben treffen

Der Rab in Trogen ist eine der typischen Freitagsbars. Und eine der standhaftesten. Exemplarisch (und mitverantwortlich für den Erfolg) dürfte die Art sein, wie sie betrieben wird: Eine Betriebsgruppe von 15 Leuten macht die Arbeit hinter dem Tresen, eine Gruppe kümmert sich um das Kulturprogramm, ein Verein mit inzwischen über 200 Mitgliedern sorgt für den Rückhalt im Dorf. Und, entscheidend: Im Team sind die Alten wie die Jungen vertreten. Das macht, wie am Jubiläumsfest mehrfach gesagt wurde, Hoffnung auf weitere mindestens 15 Jahre.
Das Wappentier der Bar ist klar: der Rabe. Er steht in diversen Modellen in der Bar, und drei Rabenfedern zieren das vom Künstler Werner Meier geschaffene Bar-Logo. Weniger klar war aber, wie man am Fest erfuhr, zu Beginn der Name selber – die Kulturbar sollte zuerst einmal Ja-Bar heissen; erst nach hartem basisdemokratischem Ringen setzte sich der heutige Name durch.
Ob man jedoch freitags fürs Bier oder den Appenzeller in «den» Rab, in «die» Rab oder gar in «das» Rab geht, darüber waren sich bis zu diesem Jubiläumsabend selbst die Präsidentinnen des Vereins uneins. Eine improvisierte Publikumsbefragung ergab dann aber ein klares Resultat: Der Rab ist und bleibt männlich.
Dabei ist gerade eins seiner Wahrzeichen, dass seit jeher Frauen an der Spitze stehen: keine Selbstverständlichkeit in vergleichbaren Freizeit-Initiativen, wo vielerorts dann doch die Männer das Wort führen. In Trogen gibt es offensichtlich genug Männer ohne Profilneurose – so ähnlich sagte es zu nächtlicher Stunde einer aus dem Betreiberkollektiv.
In rabenschwarzem Festkleid liessen die drei Präsidentinnen Nora Olibet, Anna Barbara Lutz und Simone Thoma Erinnerungen wach werden: Sie lobten den kollektiven «Familien»-Geist, der vor 15 Jahren zur Bargründung geführt hatte – in einem jener Gewölbekeller, von denen es im von den Zellweger-Palästen geprägten Dorfzentrum mehrere gibt. Sie erinnerten daran, dass auch im Rab einst geraucht werden durfte, zuerst sowieso, dann alternierend, schliesslich seit Januar 2011 gar nicht mehr. Und sie strichen den Beitrag des Rab zum Kulturleben hervor; gab es anfänglich bloss einmal im Monat Kultur in der Bar, so heute beinah jeden zweiten Freitag: Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, Geschichten unter diversen Titeln: Sonderbar, Sichtbar, Warbar, Machbar, Hörbar usw.
Man trifft sich
In 15 Jahren hat sich einiges geändert. Unter anderem seien die Alkoholika exquisiter geworden, 2011 wurde die Bar sanft renoviert, seit 2014 hat sie ein ordentliches Klavier, Frucht einer Tasten-Patenschaftsaktion.
Das Klavier erklang am Jubiläumsabend mehrfach. Jens Weber, Tenor, Lehrer und bis vor kurzem Gemeinderat in Trogen sang, begleitet von Klaus-Georg Pohl, Lieder aus der «Winterreise», darunter auch den «Frühlingstraum», wo in den Mai hinein unversehens winterlich die Raben vom Dach krähen. Nach dem melancholischen Schubertsound ging es gelöst weiter mit Jazzpianist Urs Gühr im Quartett – den Auftakt machte er anspielungsreich mit «Easy living». Andere Kontrapunkte setzte die volks- und weltmusikalische Formation Spindle um Mitternacht. Sowie Kontrabassist Ficht Tanner. Sein Kompagnon war als einziger kein Einheimischer, sondern der in Haiti lebende Sänger und Gitarrist Wooly Saint Louis Jean.
Die Bar war da längst übervoll und die Festwirtschaft draussen auf der Gasse ebenfalls. Was ihr Erfolgsrezept ist, spürte man an diesem Abend und bestätigten einem alte und jüngere Rabenfreunde gefragt oder ungefragt: Der Rab ist der Ort, wo man gute Leute trifft. Daran hat sich in den 15 Jahren nichts geändert.
Bilder: Thömi Bänziger