Wo der «Rote Gallus» entstand zieht bald die Stadtverwaltung ein
Die Raiffeisenbank war mit der Übernahme der Bank Notenstein (ex Wegelin) auch Eigentümerin des Hauses «Notenstein» (Bohl 17) gegenüber des Waaghauses und der Häuser an der oberen Schwertgasse geworden. Im Mai 2018 verkaufte Raiffeisen die Bank Notenstein La Roche an Vontobel. Die Gebäude aber waren bis jetzt noch im Eigentum von Raiffeisen. Nun hat die Stadt die beiden ersten Häuser an der Schwertgasse gekauft.
Dass Raiffeisen diese Gebäude verkaufen will, war spätestens seit Ende letzten Jahres bekannt, als das Restaurant «Nonolet» im Haus Schwertgasse 1 den Betrieb aufgab. Raiffeisen wolle verkaufen, hiess es schon damals.
Im Zuge der aktiveren Liegenschaftenpolitik biete die Stadt inzwischen bei interessanten Liegenschaften immer wieder mit, erklärt Stadträtin Maria Pappa. Auch in diesem Fall. Den Kauf hat die Liegenschaftenkommission des Stadtparlaments genehmigt. Die Preise seien vernünftig. Wie viel die Stadt bezahlte werde aber nicht bekanntgegeben. Mit Raiffeisen sei darüber Stillschweigen vereinbart worden.
Die beiden Schwertgasse-Häuser – beide seit Jahren zu Büros umgebaut – werden von der Bank Vontobel nicht mehr genutzt und sind bereits leer. Die Stadt will sie laut Maria Pappa für eigene Zwecke nutzen und darin Dienststellen unterbringen, die zurzeit in Mietobjekten untergebracht sind. Die zentrale Lage am Bohl eigne sich sehr gut für städtische Büros.
Das eigentliche Hauptgebäude der Bank, das Haus «Notenstein» hat laut Publikation des Grundbuchamts der Credit Suisse Fund gekauft. Es sei – so ist von der Stadt zu erfahren – im Bieterverfahren zum höchsten Preis verkauft worden. Da habe die Stadt weder mithalten wollen noch mithalten können.
Überwachte Schwertgasse 3
Das einst ziemlich lottrige Gebäude Schwertgasse 3 war in den frühen 1970er-Jahren Treffpunkt der linken Jugend. Hier entstand unter anderem die legendäre Protestzeitung, der «Rote Gallus». Die Polizei fichierte denn auch eifrig alle, die hier ein- und ausgingen.
Ende der 1970er-Jahre kaufte dann die Genossenschaft «Pro Schwertgasse» das Haus. Treibende Kraft war Architekt Hans-Jörg Schmid, der es sanierte. Im Erdgeschoss wurde das Restaurant «Cacciatore» eröffnet. Aus dem «Cacciatore» wurde in den späten 1980er-Jahren das «Haus zur letzten Latern». Dessen Wirt, Urs Tremp, hatte für Aufsehen gesorgt, weil er 1992 Lithografien des Künstlers H.R. Giger ausstellte, die die Gewerbepolizei als anstössig beanstandete. Sie verlangte, dass die Bilder abgehängt werden. Der Wirt zog den Entscheid durch alle Instanzen bis vors Bundesgericht und weiter an den europäischen Gerichtshof nach Strassburg – ohne Erfolg.
Lange ein Sorgenkind
Die Schwertgasse war auch wegen der Nachbarhäuser lange ein Sorgenkind: Der Appenzeller Elektro-Sanitär Unternehmer Josef Grubenmann liess als Eigentümer die Häuser 5, 7, 9 und 11 verlottern. Sie waren in den 1980er-Jahren kaum mehr bewohnbar.
Auch hier trat dann die Gruppe um den Architekten Hans Jörg Schmid und um Niklaus Staerkle als Käufer auf und sanierte diese Gebäude 1993/94 in Zusammenarbeit mit der städtischen Denkmalpflege. Die Häuser Schwertgasse 5 und 7 gehören zu den ältesten erhaltenen Wohnbauten der Stadt, mit Balken aus dem Jahr 1464.
Noch einmal Schlagzeilen gab es 2002 beim Brand der Schwertgasse 15. Lange war dann die Lücke offen bis 2013 der Neubau des St.Galler Architekturbüros Bollhalder Eberle bezogen werden konnte, der sich gut ins Gassenbild integriert.