«Wir sind Buchhändlerinnen, die Rose ist kein Gemischtwarenladen»

Die Buchpreisbindung ist 2007 gefallen, die Europreisanbindung erst kürzlich. Wie geht es der Buchhandlung zur Rose?
Die Umstände im Buchhandel waren wohl schon immer etwas schwierig. Gestartet haben wir damals sehr bescheiden. Seit etwa sieben Jahren schreiben wir aber schwarze Zahlen, in bescheidenem Rahmen zwar, aber wir konnten trotzdem gut Fuss fassen in der Stadt. Die letzten Jahre waren recht stabil. Das beruhigt mich und ist mir wichtig – auch damit ich den Kopf frei habe, um à jour zu blieben.
Wie bleibt man am Puls?
Man muss sich aktiv informieren, viel lesen, den Kontakt mit den Verlagen pflegen und sich mit der Kundschaft austauschen. A jour sein heisst aber auch, dass man gewisse Publikationen am Lager haben muss, die zwar nicht sehr gesucht sind, aber dennoch vorhanden sein müssen, wenn ein Thema ganzheitlich abgedeckt sein soll.
Die Grossen wie Orell Füssli, Exlibris oder Amazon setzen stark auf Online-Shops für Bücher, verkaufen aber auch Filme, Musik oder Games. Für euch kein Thema?
Gar nicht. Unsere Stärke ist die persönliche Beratung. Und den grossen Online-Shops können wir ohnehin nichts entgegensetzen mit zwei Vollzeit- und einer Teilzeit-Stelle. Unsere Zeit und Lust reicht schlicht nicht aus, um nebenher auch noch einen Online-Shop zu betreuen.
Braucht es diesen Mut zur Nische?
Mut hat es vor allem gebraucht, um die Buchhandlung auf die Beine zu stellen. Unsere Nische – die persönliche Beratung in Kombination mit einem kleinen und feinen Sortiment – haben wir aber, denke ich, recht schnell gefunden.
Auch etwas, das du in deiner Ausbildung bei Louis Ribaux gelernt hast?
Dort habe ich die Vorzüge eines handverlesenen, kleinen Sortiments schätzen gelernt, ja. Thematisch kann man ja trotzdem eine relativ breite Palette abdecken, nur ist eben die Auswahl gezielter. Dafür bekommen wir immer wieder Komplimente – gerade auch von Touristinnen. Viele sagen, dass sie solche kleinen Geschäfte in ihrer Heimat vermissen.
In einem Portrait über die Buchhandlung zur Rose steht: «Es richtet sich eher an ein gebildetes, literarisch und kulturell bewandertes, ja anspruchsvolles Publikum.» – Das klingt nach bildungsbürgerlichem Klischee. Ein voreiliger Schluss?
Wir haben eine sehr vielfältig interessierte Kundschaft, als elitär würde ich sie aber nicht bezeichnen. Zu uns kommen Leute mit ganz verschiedenen Vorlieben und Interessen, dadurch entsteht ein reger Austausch. Wir können schiesslich auch nicht alles lesen, deshalb sind wir immer wieder dankbar für Buchtipps von ausserhalb. Man befruchtet sich immer gegenseitig.
Ihr lebt von eurer Stammkundschaft. Wird diese tendenziell älter, oder lesen auch die ganz Jungen noch gerne in «echten Büchern»?
Tendenziell kommen schon eher die Älteren, aber wir haben auch junge Kundinnen und Kunden. Mit der Verschiebung auf digitale Medien hat das, glaube ich, wenig zu tun. Es liegt wohl eher an den Lebensumständen: Als junger Mensch hat man noch ein eher schlankes Portemonnaie und zieht das Bier mit Freunden nicht selten einer Lesestunde vor. Generell habe ich aber nicht den Eindruck, dass die Jungen weniger lesen. Es gibt durchaus solche, die zu uns kommen und sehr genau wissen, was sie suchen und auch den persönlichen Austausch schätzen.
Im Cave Littéraire etwa stellt ihr regelmässig Neuerscheinungen und verschiedene Autorinnen und Autoren vor. Gibt es schon Pläne für den Herbst?
Zurzeit organisieren wir gerade eine Lesung mit der Journalistin Jolanda Spirig. Im Herbst erscheint ihr Buch über die Geschichte der Stickerei Rohner im Rheintal. Mit Monika Schnyder, der St.Galler Lyrikerin, planen wir am 4. November eine Lesung, und ich hoffe, dass der Lyriker Werner Lutz schon bald zusammen mit dem Musiker Ruedi Lutz bei uns zu Gast sein wird.
Der Keller zur Rose ist ideal für solche Veranstaltungen. Wie gemacht für ein zweites Standbein…
Es gäbe sicher viel Schönes, das man hier tun könnte, aber ein Ausbau der Lesungen kommt für uns nicht in Frage, schliesslich sind wir keine Kulturveranstalterinnen. «Mut zur Nische» braucht es auch hier, wenn man sich nicht verzetteln will. Dasselbe gilt übrigens auch für E-Books oder Musik: Wir sind Buchhändlerinnen – das ist unsere Kernaufgabe –, die Rose ist kein Gemischtwarenladen.
Zum Schluss die obligatorische Frage nach den Geheimtipps.
Aktuell lese ich Zwei Schwestern von Dorothy Baker. Das Buch erscheint im Herbst und erzählt die Geschichte zweier sehr unterschiedlicher Zwillingsschwestern. Sehr empfehlenswert ist auch das neue Buch von Rolf Lappert, Über den Winter. Es handelt von einem Künstler in einer Schaffenskrise, der den Weg zurück zu seiner Familie sucht.
Und aus der Region?
Christine Fischers Roman Lebzeiten, der diesen Frühling erschienen ist, hat mir sehr gut gefallen. Auch Elisabeth Binder, eine stille Autorin aus dem Thurgau, ist sehr lesenswert. In ihrem Roman Ein kleiner und kleiner werdender Reiter begibt sie sich auf Spurensuche nach ihrer Kindheit in Bürglen und setzt sich darin unter anderem auch mit der Dorfgeschichte und dem Thema Sterben auseinander.
Die Rose wird zehn: Samstag, 27. Juni, ganzer Tag, für einmal kulinarisch statt literarisch.
Infos: buchhandlungzurrose.ch