Welche Farbe hat der Tag?

Vor etwas über zwei Jahren verstarb die Künstlerin Hilda Staub im Alter von 70 Jahren. Jetzt wird ihr Wirken, das in der Ostschweiz nur am Rande zur Kenntnis genommen wurde, mit einer umfangreichen Monografie gewürdigt. von Richard Butz
Von  Gastbeitrag
Hilda Staub in Tinos, 1991. (Bilder: Christoph Baumgartner)

Hilda Staub, in Schüpfen im Kanton Bern geboren, arbeitet zuerst als Kindergärtnerin und beginnt im Alter von 30 Jahren mit einer künstlerischen Ausbildung an verschiedenen Kunstgewerbeschulen in der Schweiz. Ihren ersten künstlerischen Auftritt hat sie 1986 in Bern, zwei Jahre vor dem Wohnortwechsel in die Ostschweiz. 1989 tritt die Künstlerin in der St.Galler Galerie vor der Klostermauer mit der Ausstellung «Zeichen vergangener Tage» erstmals in der Ostschweiz an die Öffentlichkeit.

In ihren Ateliers in St.Gallen und Mörschwil entsteht in der Folge ein umfangreiches malerisches, zeichnerisches und plastisches Werk. Hilda Staubs bewegliches und spielerisches plastisches Werk mündet in grosse Installationen im öffentlichen Raum. So zeigt sie 2005 in einer Berner Altstadtgasse ihre Installation Luftfüssler und verwandelt die Gasse in einen optisches Ereignis.

Aus Karten geformte Objekte, Collage und Acrylfarbe, Dezember 1995

Weitere grosse Installationen verwirklicht sie in Köniz, Rubigen und in Pesmes (Frankreich). Parallel dazu erforscht Hilda Staub malerische Möglichkeiten, experimentiert mit verschiedenen Materialien, zeichnet viel, schreibt und denkt über die Kunst nach. Immer wieder bricht sie zu grossen Reisen auf und bringt Anregungen und Materialien mit nach Hause, die sie in ihr Schaffen einfliessen lässt.

Wichtig für Hilda Staub ist es, in und mit der Natur zu arbeiten: «Durch ihr Werden und Vergehen, ihre Veränderung in der Wiederholung, ihre Bewegung und Ruhe, ihre Weite und Nähe ist sie für mich eine unerschöpfliche Quelle von Inspirationen. Aus ihnen heraus entwickle ich meine eigenen Formen und Farben im Wechselspiel zwischen zwei- und dreidimensionalen Gestalten», sagt sie einmal.

Fluglinie, 2010, 125-teilige Installation über der Aare.

Die Künstlerin hat sich oft in Notizen zu ihrem Schaffen geäussert. Über das Entstehen ihrer Bilder schreibt sie etwa, dass sie ohne Absicht und Entwurf entstanden seien und jeden Tag unerwartet und überraschend aus dem Augenblick und aus dem unmittelbaren Erleben herauswüchsen.

Baumgartner, Christoph (Hrsg.) und div. AutorInnen: Hilda Staub – Welche Farbe hat der Tag? 223 Seiten. Stämpfli Verlag, Bern 2017.

Buchvernissage:
11. November, 16 Uhr, Atelier der Künstlerin, Huebstrasse 28, Mörschwil

In Einzelausstellungen war das facettenreiche Werk von Hilda Staub nicht allzu oft zu sehen. Einen guten Einblick vermittelten 2000 eine Ausstellung in Brunoy bei Paris sowie drei Jahre später eine umfangreiche Ausstellung bei «Kultur im Bahnhof» in St.Gallen. Trotzdem stand die Künstlerin in der Ostschweizer Kunstszene eher am Rande. Möglicherweise hat dazu beigetragen, dass sie dem Kunstbetrieb eher kritisch gegenüberstand und es vorzog, mit grossem Ernst und Hingabe in ihrem Atelier zu arbeiten. Dennoch fand sie mit Galerieausstellungen und Installationen in der Natur anderswo in der Schweiz und im Ausland Anerkennung.

Mit der Monografie Hilda Staub – Welche Farbe hat der Tag?, herausgegeben von Hilda Staubs Ehemann Christoph Baumgartner, wird nun ihr Werk gebührend gewürdigt. Er, der die Künstlerin stets tatkräftig unterstützt hat, geht in einem Beitrag dem bildnerischen Schaffen von Hilda Staub nach, die Berner Galeristin Dorothee Freiburghaus arbeitet das dreidimensionale Schaffen auf, die Kunsthistorikerin Brigitta Vogler-Zimmerli blickt in die Skizzenbücher und ihre Kollegin Steffi Göber-Moldenhauer stellt das umfangreiche auf Karten entstandene Werk Zeichen vergangener Tage vor. Erinnerungen an Begegnungen und ein detaillierter Lebenslauf runden die reich illustrierte Monografie ab.

Hilda Staub in ihrem Garten in Mörschwil, 1993.