Vorfahrt an Auffahrt
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Schön, was die Veranstalter des St.Galler Auffahrtslaufs und die Garage Christian Jakob AG ihrem Publikum und den zahlreichen Touristen aus nah und fern am Auffahrtstag geboten haben: eine tolle Autoshow mit coolen BMWs auf dem Klosterplatz, unmittelbar vor den grossen Portalen des Klosters. Nun mögen sich zwar ein paar Ewiggestrige darüber aufgeregt haben, dass die Ausstellung ausgerechnet auf jenem Platz in St.Gallen stattfand, der als «Ort der Würde» und als Unesco-Welterbe höchsten Schutz geniesst; und religiöse Eiferer zusätzlich noch darüber, dass dies ausgerechnet an Auffahrt geschah. Dabei vergessen sie, dass der Festtag den hehren Gedanken der Mobilität schon im Namen trägt.
Ebenfalls als gelungen darf das Sicherheitsdispositiv bezeichnet werden: Müssen solche Autoshows andernorts im öffentlichen Raum stets befürchten, dass die teuren Boliden verkratzt oder ihnen die Rückspiegel abgerissen werden, sorgt hier die öffentliche Hand dafür, dass Gitarrenspieler und andere Randständige von der privaten Security sofort vertrieben werden. Ist doch laut «Verordnung über den Klosterplatz» hier fast alles verboten: Das Musizieren, das Betteln, das Laufenlassen von Hunden, die Störung der Nachtruhe, die Behinderung des Zugangs zur Kathedrale und zu anderen Gebäuden und so weiter. Der Kanton, dem der Klosterplatz gehört, setzt diese Regeln penibel genau um, denn: «Wer den Klosterplatz begeht oder sich darauf aufhält, achtet Bedeutung und Würde des Stiftbezirks als Erbe der Welt».
Christian Jakobs kleine Autoshow ist aber auch ein Zeichen dafür, dass die Bestrebungen der St.Galler Stadtbehörden, ihre Stadt zur autofreundlichsten der Schweiz zu machen (soweit sie es nicht schon ist), weitere Früchte tragen. Grad eben konnte man lesen, dass St.Gallen nach Zürich das grösste Parkleitsystem der Schweiz vorzuweisen hat. Und das Parkhaus UG24 soll so ausgebaut werden, dass die Zahl der Parkplätze in fast schon schwindelerregende Höhen steigt.
Träumen sei erlaubt: Vielleicht kann der Klosterplatz ganzjährig für Autoshows zur Verfügung stehen, eventuell als Mischform mit einem öffentlichen Parkplatz. Zu klären wäre dann einzig noch, wie sich das mit der Belegung des halben Platzes durch die St. Galler Festspiele verträgt. Sie sind uns ja mittlerweile auch schon ans Herz gewachsen.
Nachtrag vom Montag, 18. Mai: Auch das Bistum St.Gallen ist offenbar nicht erfreut über die Autoshow. Wie es heute in einem Kommentar auf der Saiten-Facebookseite mitteilt, wurde das Bistum am vergangenen Donnerstag «mit blechernen Tatsachen» konfrontiert. Das sei «ärgerlich und unsensibel» von den Organisatoren des Auffahrtslaufs, heisst es weiter. Denn nach wie vor würden viele Menschen an Auffahrt zur Kirche gehen. Ärgerlich sei weiter, dass neben dem Westeingang der Kathedrale eine Reihe Toi-Toi Toiletten «samt Open-Air Pissoir» stand. «Auch für die Touristen auf dem Weg zur Stiftsbibliothek ein besonderes Highlight», so der bissige Kommentar des Bistums.
Doch nicht nur optisch sei das Rundherum des Auffahrtslaufs ein Problem gewesen: «Die weitreichenden Absperrungen machten zudem den Kirchenbesuch bereits am Vormittag schwierig. Am Abend für die 19.30-Uhr-Messe war dann fast kein Durchkommen mehr.»
Zweiter Nachtrag vom Montagabend: Nun hat sich auch der Kanton zu Wort gemeldet. Die Platzierung der Autos auf dem Klosterplatz sei gar nie Gegenstand der Bewilligung für den Auffahrtslauf gewesen, schreibt Andreas Schwarz, stv. Leiter des Amts für Kultur. Und weiter: «Eine auch nur im Ansatz ähnliche Anfrage hätte laut geltender Ordnung und Bewilligungspraxis keine Aussicht auf Erfolg.»
Der Fehler bei der unerlaubten Auto-Show lag demnach beim Veranstalter des Auffahrtslaufs: Dieser hatte die Autos kurzfristig auf den Klosterplatz umparkieren lassen, weil die Laufstrecke aufgrund der grossen Anzahl Anmeldungen verbreitert werden musste. Man werde den Vorfall nun in der Nachbesprechung des Auffahrtslaufes «thematisieren», schreibt Schwarz.