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Für viele Spitzensportlerinnen ist es mit der Unterstützung vorbei, wenn sie Mutter werden wollen. «Mach doch noch zwei Jahre weiter, dann beendest du deine Karriere und bekommst Kinder», sagte der Trainer von Selina Gasparin zum Thema Familienplanung. Die Bündner Biathletin ging ihren Weg und kämpfte sich nach der Geburt ihrer beiden Töchter wieder in die Top Ten der Welt zurück.
Auch Belinda Bencic kehrte nach der Babypause wieder auf die grosse Sportbühne zurück. Bei ihrem Comeback gaben Skeptiker der 27-jährigen Tennisspielerin wenig Kredit. Es schien sogar, als hätten ihr einige Neider eine Niederlage gegönnt. Immerhin half Bencic bei der Rückkehr eine neue Regel zum Schutz von Müttern: Tennisspielerinnen haben bis zu drei Jahre nach der Geburt ihres Kindes Anspruch auf ein geschütztes Ranking.
Der Körper von Sportlerinnen sei nicht nur für Spitzenleistungen, sondern auch für ein Baby perfekt, sagt Nicola Spirig in einem Podcast von Swiss Olympic. Die ehemalige Triathletin räumt darin mit gängigen Vorurteilen auf. «Sportlerinnen leben gesünder, sie sind fitter und kennen ihren Körper besser als andere Frauen. Das heranwachsende Baby wohnt bei einer Spitzensportlerin in einem Ferrari.»
Die Geldgeber:innen hielten auch nach den Schwangerschaften zu Spirig – dreifache Mutter und Olympiasiegerin. Für weniger erfolgreiche Frauen sieht die Realität anders aus: Vier von fünf Athletinnen wissen nicht, ob sie im Falle einer Schwangerschaft weiterhin von ihren Sponsoren unterstützt werden. Spirig fordert eine Schwangerschaftsklausel, damit alle Sportlerinnen abgesichert sind.
Auch im Fussball ist der Mutterschutz noch längst nicht flächendeckend umgesetzt – trotz der seit Anfang 2021 geltenden Regeln. So verletzte etwa der französische Verein Olympique Lyon das Recht einer werdenden Mutter. Die isländische Rekordnationalspielerin Sara Björk Gunnarsdóttir liess sich das nicht gefallen – und bekam recht. Ihr früherer Verein musste der Isländerin den Lohn nachzahlen, rund 83'000 Euro.
«Diese Geschichte ist grösser als ich», sagte Gunnarsdóttir 2023 nach Bekanntgabe des Urteils. «Dies ist ein Weckruf für alle Vereine und eine Botschaft an alle Spielerinnen, dass sie Rechte und Garantien haben, wenn sie schwanger sind oder schwanger werden wollen während ihrer Karriere.»
Sportlerinnen mit Kindern verdienen grossen Respekt. Da passt der Soul-Song Respect von Otis Redding. Die kraftvolle Version von Aretha Franklin steht auch 58 Jahre nach deren Veröffentlichung für Selbstbestimmung und Gleichberechtigung.
Nathalie Grand, 1967, ist freie Journalistin und Projektmitarbeiterin bei der Stiftung Suchthilfe. Sie steht seit über 15 Jahren als Fussballtrainerin auf dem Platz und an der Seitenlinie. Vor drei Jahren startete sie in St. Gallen ein Projekt zur Förderung des Mädchen- und Frauenfussballs. Bis zum Start der Frauen-EM 2025 in der Schweiz schreibt sie über Frauen, Sport und Gleichstellung.