¡Viva el hogar!

Wie immer vor einer Eröffnung geht es auch im neuen «Hogar», dem Spanischen Klubhaus an der Hinteren Poststrasse, hektisch zu. Da werden Gläser aus Kartons gepackt, abgewaschen und eingeräumt, der Vereinspräsident tapeziert gerade eine Wand mit spanischen Zeitungsartikeln und hinten, in der Küche, sind zwei Männer etwas am werkeln. Schliesslich muss die einstige Pizzeria inklusive enstprechendem Ofen in eine spanische Küche umfunktioniert werden. Die grosse Tiefkühltruhe im Sitzungszimmer ist bereits gut gefüllt mit gefrorenem Fisch und Meeresfrüchten. Sie machen auch am neuen Ort den wichtigsten Teil der Speisekarte aus.
Bei Diego González, der den Spanischen Klub seit einiger Zeit präsidiert, klingelt das Telefon. Der ausgediente Zigarettenautomat soll möglichst noch vor der Eröffnung für die Vereinsmitglieder am Freitagabend abgeholt werden. Wies ausschaut, klappt der Transport fristgerecht. Die Eröffnung für die Öffentlichkeit ist dann für Samstagabend eingeplant. Und – wenig überraschend, es ist immerhin die Wiedereröffnung des legendären «Hogar» – die Tische sind bereits ausgebucht.
Weiterhin in Gehdistanz zum Bahnhof
Aber keine Bange, der Spanische Klub ist zurückgekommen, um zu bleiben. Zwar nicht am alten Standort im nördlichen Bahnhofsquartier, wo zwei Gastroinvestoren mittlerweile ein Asiarestaurant im mittleren Preissegment etabliert haben. Aber dafür in der ehemaligen «Hinteren Post», ebenfalls in unmittelbarer Bahnhofsnähe, wo zuletzt die Pizzeria «Vecchia Posta» eingemietet war.
Und jetzt also der «Hogar»: Diego González, von Beruf Flamenco-Tanzlehrer und Sozialversicherungsfachmann, hätte es sich bei der Übernahme des Vereinspräsidiums Ende 2022 kaum träumen lassen, wieder mal ein Lokal an dieser Lage finden zu können. Man sei mit der Stadt im Gespräch gewesen, die städtische Liegenschaftenverwaltung habe sich auch um verschiedene Möglichkeiten bemüht. Aber auf die «Hintere Post» sei man schliesslich durch den Tipp einer Bekannten gekommen, so González. Das Gebäude gehört Ravi Kumar, dem Sohn der indischstämmigen Industriellenfamilie Kumar, einer «heimlichen Grösse im St.Galler Gastro-Gewerbe», wie das «St.Galler Tagblatt» schreibt.
Die Räumlichkeiten in der «Hinteren Post» sind zwar kleiner als am alten Standort, aber die Miete von 5500 Franken sei für den Verein sicher verkraftbarer als die 10’000 Franken, die die Stadt zuletzt am alten Standort verlangte und den alten Hogar in der Pandemiezeit in die Knie zwang.
Hier kommt im Gespräch auch Kritik an der Stadt auf, die die Liegenschaft früher hätte kaufen können. Und erst noch wesentlich günstiger als die rund 1,5 Millionen, die sie berappen musste, nachdem die Zwischenbesitzer, die aufgrund des öffentlichen und politischen Drucks von einem Abbruch absahen, sich wieder zurückzogen und das Gebäude an die Stadt veräusserten.

Klubpräsident Diego González vor dem Tryptichon von Miño, das er vom alten ins neue Klubhaus hinüberretten konnte.
Der spanische Migrant:innenverein stand nach Beendigung des Pachtvertrags kurz vor der Auflösung, doch an einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung Ende 2022 rauften sich ein paar Verbliebene um Diego González zusammen und besetzten einen neuen Vorstand. Für den Präsidenten auch eine Ehrensache, war der Spanische Klub doch auch für ihn eine zweite Kindheitsstube. Jahrelang präsidierte sein Vater den Verein und war damals anfangs der 1980er auch für den Umzug des Lokals von der Langasse ins Bahnhofsquartier verantwortlich.
Jetzt ist mit Diego González also die Secondo-Generation am Drücker. Doch Leute zu finden, die sich im Verein ehrenamtlich engagieren, sei eine grosse Herausforderung, so der 52-Jährige. Darum überlege man sich fürs nächste Jahr auch eine Statutenänderung, um den Verein zu öffnen. Bislang können nur Spanier:innen oder ihre Ehepartner:innen Mitglied werden.
Menü und Preise wie früher
An der Wand hinter dem Präsidenten hängt ein Tryptichon von Miño, einem längst verstorbenen Vereinsmitglied, der mehrere Werke für das Klubhaus gemalt hat. Diego González konnte das Gemälde an den neuen Ort hinüberretten. Andere Gemälde, an die sich ehemalige Stammgäste erinnern dürften, sind leider mit den Nachkommen des Künstlers verschwunden. Aber immerhin hängt jetzt die Quijote-Cid-Landarbeiter-Kombi im neuen Lokal.
Hogar Espaõl, Spanisches Klubhaus: geöffnet Donnerstag bis Sonntag, Hintere Poststrasse 18, St.Gallen
29. November: Eröffnung für Vereinsmitglieder
30. November: Eröffnung für die Öffentlichkeit (bereits ausgebucht!)
hogar.ch (noch im Aufbau)
Auch konzeptionell solle im neuen Hogar alles beim Alten bleiben und der Klubgedanke weiterleben, so der Präsident. Menükarte und Preise entsprechen im Wesentlichen jenen des früheren Klubs. Freund:innen der Parrillada de Marisco (Fisch- und Meeresfrüchte-Grillplatte), Gambas al ajillo (Crevetten im Knoblauchöl), Paella (traditionelle Reispfanne) und Pulpo a la Gallega (Oktopus Galizische Art) kommen weiterhin – respektive: endlich wieder! – auf ihre Kosten. Und der Bierpreis ist weiterhin bei 4 Franken die Stange respektive 6 Franken der Kübel festgesetzt. Diese Preispolitik ist dem Verein auch im Sinne der Zugänglichkeit und Offenheit des Klubs ein grosses Anliegen.
Aus dem Spanischen Klub wird also auch künftig kein chiques Dinierlokal. Es bleibt ein Vereinslokal, wo man auch einfach gemütlich auf den Feierabend anstossen oder Fussball gucken kann, wenn ein wichtiges Spiel ansteht. Die Bildschirme dafür werden dieser Tage montiert. Das Klubhaus zelebriert die Zusammengehörigkeit in der Stadt und lebt weiterhin zu einem wichtigen Teil auch vom Besuch des nicht-spanischen Publikums, das dem Hogar am alten Standort bis zuletzt treu geblieben war. Diego González hat keine Bedenken, das Lokal auch in Zukunft wieder vollzukriegen.

Ein Grossteil des neuen «Hogar»-Vorstands und -Teams hat sich zum Fototermin eingefunden (v.l.): Francisco Page (Wirt), Diego González (Präsident), Delfina Lombardero (Beisitz, Kultur), Marcos Castro (Aktuar), Ramón Beltrán (Koch), Jorge Temprano (Vizepräsident), Lidia Mendez (Beisitz, Soziales), Olga Prada (PR und Kommunikation), Antonio Bailón (Koch), José Rosales (Beisitz, Festivitäten) sowie die Kellnerinnen Yessika Ramirez, Carmita Campos und Gabriela Ramirez.