«Versprochen ist versprochen»

Das gab es seit Jahren nicht mehr: Mehrere Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kantons St.Gallen gingen am Donnerstag auf die Strasse. Sie kämpfen um versprochene Pensionskassen-Millionen.
Von  René Hornung
Bilder: René Hornung

Dicht an dicht standen die Menschen in der St.Galler Marktgasse am frühen Donnerstagabend – bis ganz oben zur Multergasse. Weit mehr als 3000 Angestellte des Kantons – Polizistinnen und Polizisten, Ärzte und Pflegepersonal, Richter und Lehrerinnen, Verwaltungsangestellte und Männer aus den Werkhöfen – forderten die versprochenen 202,5 Millionen Franken als Einmaleinlage in ihre Pensionskasse.

Die Regierung hatte diese Gelder bei der auf Anfang 2014 vollzogenen Verselbständigung der Kasse versprochen, falls der Zins weiter sinke. Doch jetzt will die Finanzkommission des Kantonsrates nichts mehr von diesem Versprechen wissen.

«Regierung verspricht, Kantonsrat bricht», stand denn auch auf einem der Transparente, oder «Versprochen ist versprochen». Und die Kantonsräte wurden aufgefordert, nicht der Finanzkommission zu folgen, damit «wir uns nicht verarscht fühlen», wie auf einem Schild mit einer entsprechenden Zeichnung stand.

SP-Kantonsrat Peter Hartmann blendete als erster Redner zurück in Zeiten, als sich der Kanton noch an den Geldern der Pensionskasse bediente – zu Unrecht, wie das Bundesgericht später feststellte. Und dann habe der Kantonsrat bei der Verselbständigung bewusst mit einem zu hohen Zinssatz gerechnet, aber immerhin die gut 200 Millionen versprochen, die nun fällig werden. Es gehe hier um die Sicherung der Rentenansprüche der bis Ende 2013 pensionierten Mitarbeitenden des Kantons, stellte er an die Adresse des Kantonsrates fest. Ohne diese Gelder sei die Vertrauensbasis zwischen den Angestellten des Kantons, der Spitäler und der Schulen und der kantonalen Politik definitiv zerstört.

Maria Huber, die Präsidentin der Personalverbändekonferenz, erinnerte daran, dass der Kantonsrat bei der Verselbständigung der Kasse gegen alle Warnungen der Experten auf Kosten des Personals sparen wollte. Inzwischen habe der Rat die Behandlung des Geschäftes schon wieder ein Jahr lang verzögert, doch jetzt – und das zeige die grosse Teilnahme an dieser Kundgebung – «jetzt reicht’s». Nur wenn der Kantonsrat den Betrag bewillige, kehre Vertrauen in den Kanton als Arbeitgeber zurück.

Hansruedi Vogel, Co-Präsident des kantonalen Lehrervereins, kritisierte die Politikerinnen und Politiker, «die Wasser predigen aber Wein trinken». Ein Nein zur Einmaleinlage würde bedeuten, dass die jungen Angestellten die Lasten tragen müssen, das sei ungerecht. Und er bot allen Kantonsrätinnen und Kantonsräten an, ihnen noch einmal zu erklären, dass die Einmaleinlage nichts mit den künftig zusätzlich nötigen Sanierungsmassnahmen der Kasse zu tun hat.

Edith Wohlfender vom Berufsverband Pflege forderte Schluss mit der Pflästerlipolitik. Jetzt brauche die Pensionskasse eine Therapie, damit sie gesund weiterleben könne. Und dafür müsse die Altlast beseitigt werden. Es sei am Kantonsrat, nächste Woche seine Funktion als Care-Team zu übernehmen.

Schliesslich stellte Benno Lindegger, Präsident des Kantons- und Gemeindepersonals, klar, dass hier keine Forderungen nach zusätzlichen Leistungen gestellt werden, sondern bloss gemachte Versprechen eingefordert werden. Das Finanzloch stamme aus der Zeit, als die Kasse noch nicht selbständig, sondern unter den Fittichen des Kantons war.

Nach all diesen Mahnungen und Erklärungen stiegen hundert Ballons in die Luft – auf dass am kommenden Dienstag die Kantonsrätinnen und -Räte das Personal nicht im Stich lassen.