«Unsere Sammelaktion ist kein Diebstahl»

Die Stadtpolizei St. Gallen sammelte im Juni am Bahnhof St. Gallen falsch parkierte Velos ein. Dionys Widmer, Mediensprecher der Stadtpolizei erklärt, was es mit der Sammelaktion auf sich hatte und wie die Polizei grundsätzlich mit Velofahrern umgeht. Interview: Marc Sieger.

Von  Medienschule St.Gallen

Wieso hat die Stadtpolizei St. Gallen beim Hauptbahnhof Velos eingesammelt?

An der Lagerstrasse gibt es Parkplätze für Motorradfahrer. Diese waren jedoch zum grössten Teil von Velos belegt. Wir haben die Velofahrer vorerst mit einer Tafel und einer Infokarte auf ihr Falschparkieren aufmerksam gemacht. Als dies nichts nützte, mussten wir die Velos abtransportieren.

Wo können Velofahrer dann noch parkieren?

Im ganzen Bereich Bahnhof gibt es Veloparkplätze. Zum einen gibt es die Velostation unter der Fachhochschule, wo man sein Velo kostenpflichtig einstellen kann, zum anderen hat es Velounterstände bei der Hauptpost, beim Neumarkt, beim Rathaus sowie an der Rosenbergstrasse.

Wann sammelt die Stadtpolizei sonst noch Velos ein?

Primär sammeln wir Velos aufgrund von Beschwerden oder Hinweisen aus der Bevölkerung ein. Dabei handelt es sich um Velos, die länger nicht mehr benutzt worden sind und zum Beispiel einfach irgendwo in der Wiese liegen.

Ist das nicht Diebstahl, wenn die Polizei einfach fremde Velos einsammelt?

Die Velohalter in der Umgebung des Hauptbahnhofs werden zuerst mit einer Infokarte bedient. Wenn ein Velo auch nach längerer Zeit nicht entfernt wurde, kann man davon ausgehen, dass das Velo niemandem mehr gehört oder gestohlen wurde. Von Diebstahl kann daher nicht die Rede sein.

Was passiert mit den Velos, die die Polizei einsammelt?

Die Velos bleiben drei Monate bei uns. Wir prüfen, ob diese von einem Diebstahl stammen. Ist das der Fall, wird der Besitzer informiert, welcher sein Fahrrad bei uns abholen kann. Haben wir ein Velo aufgrund von Falschparkieren eingesammelt, erheben wir eine Busse von 20 Franken. Ansonsten kann man das Velo kostenlos abholen. Sind die drei Monate verstrichen, ohne dass sich jemand gemeldet hat, geben wir die Velos an eine Projektwerkstatt.

Man hört vermehrt Klagen über «Velo-Rowdies», vor allem von Fussgängern. Ist die St.Galler Bevölkerung den Velofahrern gegenüber intoleranter als vor ein paar Jahren?

Wir erhalten immer wieder Meldungen über Velofahrer, die sich im Strassenverkehr rücksichtslos verhalten, oder eben von herrenlosen Velos. Diesen Hinweisen gehen wir nach und führen Kontrollen durch. Wir konnten jedoch keine Zunahme von Beschwerden feststellen.

Kontrolliert denn die Polizei mehr Velofahrer als früher?

Wir führen in den Dämmerungsmonaten vermehrt Kontrollen durch, da es besonders wichtig ist, dass die Velofahrer in diesen Monaten mit Licht unterwegs sind. Ansonsten führen wir Kontrollen aufgrund von eigenen Beobachtungen oder Hinweisen aus der Bevölkerung durch.

In einem Bericht von Tele Ostschweiz sah man die Polizei bei der Kreuzung Brühltor Velofahrer kontrollieren. Wollten Sie mit diesem Bericht der Bevölkerung zeigen, dass der Staat etwas gegen Velo-Rowdies unternimmt?

Das Brühltor ist eine viel befahrene Kreuzung.  Wir hatten im Vorfeld viele Beschwerden von Anwohnern über Velofahrer erhalten, die die Ampel missachteten. Wir führten daher Kontrollen durch und kommunizierten das gegenüber den Medien auch. Tele Ostschweiz fragte uns dann an, ob sie bei einer Kontrolle filmen können. Es war somit keine von uns geplante Aktion, aber in unserem Sinne.

Einigen St. Gallern gehen die Velofahrer aber schon auf die Nerven?

Das kann ich so nicht bestätigen. Die Beschwerden über Velofahrer bewegen sich in einem normalen Rahmen, genauso wie Reklamationen über andere Verkehrsteilnehmer auch.

Dionys Widmer, geboren 1987 in St. Gallen, ist seit 2013 Mediensprecher der Stadtpolizei St. Gallen.