Ungewohnte Zweierfreundschaft
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Darf man das Ende vorwegnehmen? In diesem Fall ja, denn gerade darum geht es. Das Ende geht so: Die Ente stirbt ganz friedlich, der Tod legt eine Tulpe auf ihren Körper, setzt sich dann an den Bühnenrand und ist fast ein bisschen betrübt. «Aber so ist das Leben».
So einfach ist sie insgesamt, die Geschichte, die der bekannte Kinderbuchautor Wolf Erlbruch erfunden hat und die das St.Galler Figurentheater jetzt spielt. Geht das: ein Kinderstück über das Sterben? Die Frage hat sich Sebastian Ryser, der hier erstmals ein Stück inszeniert, natürlich auch gestellt. Und ist überzeugt: «Kinder haben einen guten Zugang zum Tod, sie sind noch weniger vorbelastet von gesellschaftlichen Prägungen. Sie sind einfach neugierig».
Diese Neugier holt das Stück auf eine erstaunlich leichthändige Weise ab. Erst erschrickt zwar die Ente und stirbt fast vor Angst – dann aber zeigt sie dem Tod, was sie alles kann und worin sie ihm überlegen ist. Vor allem im Schwimmen: Davor hat der Tod einen Höllenrespekt und ist ein richtiger Gfrörli. Gut, dass die Ente warme Flügel («Naturdaunen!») hat. Beatrice Dörig hat die Figuren geschaffen, getreu nach dem Bilderbuch (die Ente ist dort nur noch ein bisschen magerer). Patricia Kuhn und Claudia van Winden führen die Handfiguren meisterlich, Klapperhand und Daunenflügel finden kurz vor Schluss sogar zu einem schwungvollen Tango zusammen.
Live wie das Spiel ist auch die Musik. Benjamin Ryser schafft mit dem Cello Stimmungen zwischen Melancholie und Ausgelassenheit. Und steuert auch gleich all die Geräusche und Requisiten bei, die es für die Freundschaftsabenteuer der beiden braucht, inklusive Schnorcheltönen beim Gründeln.
Im Buch, sagt Sebastian Ryser, sei viel Raum und Leere – und so ist es auch auf der Bühne. Ein nackter Baum, ein angedeuteter Hügel, knappe Projektionen von Elias Raschle, eine Tulpe. Karges Theater, weit weg von jenen illusionistischen Bilderfluten, wie sie Kinderfilme bieten – und trotzdem oder gerade deswegen werden die beiden Figuren so lebendig, wie man es dem Tod nie zugetraut hätte.
Ente, Tod und Tulpe (ab 5 Jahren)
Figurentheater St.Gallen 1., 2., 5., 8., 9. und 12. März, jeweils 14.30 Uhr
figurentheater-sg.ch
Bilder: Elias Raschle