Und überall lauert der Kalauer

In «Singen ist ein bisschen wie Sterben» führt die St.Galler Autorin Inge Lütt ihre Kriminalhauptkommissarin Karin Rogener zum zweiten Mal ins Opernmilieu.
Von  Roman Hertler
Inge Lütt (Bild: pd)

Ein alternder, lüsterner Opernsänger, zu DDR-Zeiten noch zum «Sänger des Volkes» geadelt, wird tot und ohne ersichtliche Verletzung in seiner Umkleide in der Erfurter Oper aufgefunden. Das Kostüm noch an, die Perücke wie achtlos neben sich auf den Spiegeltisch geworfen. Natürlich hatte er aufgrund seines Naturells viele Feinde, aber ob das für ein Mordmotiv ausreicht? Und ob es überhaupt Mord war? Auf jeden Fall ist Kriminalhauptkommissarin Karin Rogener hier wieder in ihrem Element, denn die opernbegeisterte Polizistin engagiert sich nebenberuflich als Statistin. Und weil sie seit Jahren mit einer Sängerin, die sich wie der Tote auf die Premiere des Rosenkavaliers vorbereitet hat, liiert ist, kann sie sich auch freier durchs Operngebäude bewegen, ohne weiter aufzufallen.

Privates und Berufliches zu trennen, fällt Kommissarin Rogener aber zusehends schwerer, gerät doch auch ihre Partnerin Swantje Mittersand, «ihr lieber Schwan», wie sie sie im Buch nennt, zwischenzeitlich unter Verdacht. Ist ihr Alibi wirklich stichfest? Ist es Zufall, dass das Paar auf einer morgendlichen Joggingtour vor gar nicht allzu langer Zeit auf die Leiche einer – gelinde gesagt – streitbaren Operndiva stiess, mit der Swantje in noch stärkerem Konflikt stand als mit dem toten Sänger? Und haben die von der Bundespolizei geleiteten Schmugglerei-Ermittlungen, für die die Kommissarin eigentlich abgestellt ist, am Ende auch etwas mit den Toten zu tun?

Inge Lütt: Singen ist ein bisschen wie Sterben. Querverlag, Berlin 2024.

Über zehn Jahre nach ihrem Krimierstling Eine Bratsche geht Flöten (2013) lässt die in St.Gallen lebende Autorin Inge Lütt ihre kalauernde Kommissarin Karin Rogener zum zweiten Mal ermitteln. Und wieder führt sie ihre Protagonistin in «die kleine weite Welt der klassischen Musik», wo sie sich als ehemalige Musikalienhändlerin und Mitarbeiterin am Theater St.Gallen selber bestens auskennt.

Die hohe Kadenz an Schenkelklopfern und Schilderungen der Beziehungskiste mit der «Lebensabschnittserheiterin», die sich praktisch ausschliesslich auf «Couchistan» abzuspielen scheint, sind natürlich Geschmackssache. Nichtsdestotrotz gehts dank launiger und meist geglückter Sprache flott voran im Plot. Und obwohl die Autorin die Geschichte wieder im mitteldeutschen Thüringen angesiedelt hat, gelingt ihr die eine oder andere Anspielung auf ihren langjährigen Wohnort St.Gallen. Zufall? «Kaaschdänka.»