«Tschüss Bruno!»
St.Gallens Linke nahm im «Drahtseilbähnli» Abschied von Bruno Margadant. Berthold Rothschild würdigte ihn als «Kommunisten bis zum letzten Atemzug».

Rote Nelken, Bündner Gerstensuppe, ein Raucherstübli, Würdigung durch Berthold Rothschild, Lieder von Hans Fässler: Alles wollte Bruno Margadant geregelt haben. Bis ins letzte Detail. Auch nach dem Ableben. Noch selten war ein Toter an einer Abschiedsfeier so lebendig.
Das Drahtseilbähnli war proppenvoll, als toute gauche am 17. Januar Abschied von Bruno Margadant nahm. Der Plakatsammler war am 14. Dezember 2013 kurz vor dem 85. Geburtstag verschieden. Mit ihm tritt eine Generation ab, die am sozialistischen Ideal trotz aller realkommunistischen Perversionen festhielt.
Das letzte Geleit gaben ihm Richard Frick, Bea Weder, Margrit Moritz und – musikalisch – Hans Fässler zusammen mit Werner Meier und Jürg Surber. Sie alle sind dem kantigen Bündner verbunden – beruflich, menschlich, politisch. Die Würdigungen erfolgten in aufgeräumter Stimmung. Der Groove im «Drahtseilbähnli» lag näher bei der «Engel»-Bar als bei der Feldli-Abdankungshalle.
Die Hauptrede hielt allerdings der Zürcher Psychiater Berthold Rothschild, ein politischer Weggefährte aus PdA-Zeiten. Schon vor sieben Jahren, so vertraute er dem Publikum an, habe Margadant ihn für diesen Job angefragt. Rothschild musste genaueste Instruktionen befolgen. Sogar der Ort, wo er in der Beiz zu stehen hat, war festgelegt. Rothschild sah darin die Strenge des ordentlichen Typografen. Selbst der kleinste Buchstabe muss stimmen.
Der Redner zeichnete ein politisches Porträt des Verstorbenen. Margadant sei schon mit «kommunistischer Muttermilch gestillt» worden. Beide Eltern waren in den 1930er-Jahren aktive Antifaschisten. «Er war Kommunist von Geburt an», so Rothschild. Daran änderte nichts, dass sich Margadant, der Moskauer Kapriolen überdrüssig, schliesslich der SP zuwandte und dort für die legendären Flawiler Maifeiern in den 1970er-Jahren verantwortlich zeichnete. Rothschild: «Nein, er war und blieb Kommunist bis zum letzten Atemzug, wenn auch einer ganz eigener Prägung.»
Rothschilds Porträt gab Anlass, über das gewaltige Panorama nachzudenken, das als 20. Jahrhundert mit seinen spektakulären Umbrüchen hinter uns liegt. Bruno hätte es gewiss gefallen. Auch der menschlichen Charakterisierung hätte er wohl zugestimmt, wenn auch nicht ohne Brummen. Rothschild nannte ihn einen «Weltbürger mit Bündner Akzent» und ein «Unikum in Geschichte und Landschaft». «Aus der rot gefärbten Wolle ist nun ein Häufchen grauer Asche geworden», so der Laudator.
Am Schluss tröstete der Psychiater die Versammelten kontrafaktisch: Wenn es doch noch eine Fortsetzung nach dem Tod gäbe, so sässe Bruno jetzt irgendwo im Paradieswinkel bei einem guten Glas Wein inmitten seiner Genossinnen und Genossen, und um ihn herum gehe es heiter zu und her: «Tschüss Bruno, Ciao Genosse!»
Bild: Urs Jaudas