Subkultur souterraine

Ein legendärer Grabenhallenmoment 1989: Bad Brains aus New York. (Bild: pd)

Für die Ausstellung im Rahmen des 40-Jahr-Jubiläums hat die Grabenhalle archivarische Tiefenforschung betrieben. Da ist es nur konsequent, dass die Ausstellung im alten, ansonsten gesperrten Eisenbahntunnel unter der Halle eingerichtet ist.

Die gros­se Sau­se im Stadt­park ist Ge­schich­te, die Gra­ben­hal­le längst wie­der im all­tägli­chen Be­triebs­mo­dus. Aber das Er­in­nern geht wei­ter. Schon im Vor­feld zum 40-Jähri­gen ist die Idee auf­ge- kom­men, ei­ne Ju­bi­läums­aus­stel­lung zu ma­chen.

Als Sai­ten Haus­wart Adri­an Schmid und Büro­mit­ar­bei­ter Bar­na- bas Néme­th zum Ge­spräch trifft, kehrt ers­te­rer ge­ra­de vom städti- schen Hoch­bau­amt zu­rück, das ihm vorüber­ge­hend den ver­meint­lich ein­zig exis­tie­ren­den Schlüssel zum still­ge­leg­ten Ei­sen­bahn­tun­nel aus­ge­händigt hat. Als wir in den Hal­len­un­ter­grund hin­ab­stei­gen, brennt be­reits Licht und wei­ter vor­ne schim­mert durch ei­nen schma- len Trep­pen­gang Ta­ges­licht durch den geöff­ne­ten Schacht. Ent­lang der Wände sind Fern­wärme­lei­tungs­roh­re zur Mon­ta­ge de­po­niert. «Hof­fent­lich sind die fer­tig, bis wir die Aus­stel­lung ein­rich­ten», sagt Néme­th. «Da weiss of­fen­bar das Hoch­bau­amt nicht, was das Tief­bau­amt plant», kom­men­tiert Schmid.

Es wäre ja nicht das ers­te Mal, dass sich Stadt und Gra­ben­hal­le ins Ge­he­ge ge­ra­ten. Der ständi­ge Ärger mit den Be­hörden ge­hör- te – min­des­tens in den An­fangs­jah­ren – in­te­gral zur Iden­ti­tät der kul­tu­rell en­ga­gier­ten Ju­gend, die nach dem Brand des AJZ an der Gar­ten­stras­se nach neu­en kul­tu­rel­len Frei­räum­en such­te und da­für er­folg­reich kämpf­te.

Adri­an Schmid, 1973, hat die­se Kämp­fe nicht mit­er­lebt. 1991 fuhr er ein ers­tes Mal mit sei­nem Töff­li von Al­ten­rhein zur Gra­ben­hal­le zum Kon­zert der nie­der­ländi­schen Syn­th-Psy­che­de­lic-Band The Le­gen­da­ry Pink Dots. Erst Jah­re später kehr­te er wie­der zu­rück. Als En­de der 90er das Um­feld der Punk­ro­cker von Tüchel öfters in der Hal­le rum­hing, heu­er­te er als Bar­kee­per an. Später wech­sel­te er in die Pro­gramm­grup­pe und wur­de schliess­lich Haus­meis­ter.

Im Ge­gen­zug hat Bar­na­bas Néme­th, 1980, die 80er-Gra­ben- kämp­fe zu­min­dest am Ran­de mit­er­lebt. Sei­ne Mut­ter war im po­li- ti­schen Kunst- und Kul­tur­ku­chen je­ner Zeit ak­tiv und nahm ihn auch re­gel­mässig mit an De­mos. Das ers­te Mal in der Gra­ben­hal­le war er als et­wa Fünf­jähri­ger an der Kin­der­fas­nacht. Später war er dann Stamm­gast der un­zähli­gen Hip-Hop- und Reg­gae-An­lässe so­wie – nach Zwi­schen­sta­tio­nen un­ter an­de­rem beim Kugl und im Ha­fen­buf­fet in Ror­schach – Mit­glied der Pro­gramm­grup­pe.

Und heu­te ge­hören bei­de be­reits zur Al­ters­grup­pe, die an­fängt, in Er­in­ne­run­gen zu kra­men. Haus­meis­ter Schmid in­iti­ier­te die Idee, das Gra­ben­hal­len­ar­chiv ein­mal auf­zu­ar­bei­ten, zu ord­nen, wo nötig zu di­gi­ta­li­sie­ren und das gan­ze Ma­te­ri­al ir­gend­wo ex­tern ein­zu­la­gern re­spek­ti­ve zu ar­chi­vie­ren, zum Bei­spiel im Frau­en-, Ge­schlech­ter- und So­zi­al­ar­chiv St.Gal­len oder sonst wo. So weit ist man aber noch nicht.

Das zu­ta­ge ge­förder­te Ar­chiv­ma­te­ri­al im Rah­men des Ju­bi­läums aus­zu­stel­len, lag aber auf der Hand. Rasch bil­de­te sich ein Ar­beits- grüpp­lein um Schmid und Néme­th, dem sich auch die Hal­len­ve­te- ran:in­nen Pi­us Frey und An­ne­ma­rie Gan­ten­bein so­wie Fo­to­graf Ma­rio Ba­ron­chel­li an­schlos­sen. Sie wühl­ten sich durch al­te Pla­ka­te, die «Gra­ben­zei­tung», Mo­nats­pro­gram­me, Sit­zungs­pro­to­kol­le, Fo­to- kis­ten und Da­ten­spei­cher. Das Pro­jekt wuchs sich zu ei­nem rie­si- gen, un­ge­ord­ne­ten Hau­fen Ar­beit aus, Wünsch- und Er­reich­ba­res klaff­ten im­mer wei­ter aus­ein­an­der.

So hat man sich für ein zwei­tei­li­ges Aus­stel­lungs­kon­zept ent- schie­den: Im ers­ten Teil geht es um die ers­ten 20 Gra­ben­jah­re, ge- zeigt wer­den al­te Pla­ka­te und ei­ne mehr oder we­ni­ger volls­tändi­ge Lis­te sämt­li­cher An­lässe die­ser Ära; im zwei­ten Teil ver­an­schau- li­chen Fo­tos die zwei­ten 20 Gra­ben­jah­re bis in die Ge­gen­wart. Die- ser Teil wird haupt­sächlich von «Haus­fo­to­graf» Ma­rio Ba­ron­chel­li ku­ra­tiert. Die Aus­stel­lung wird nur an sechs Aben­den ge­zeigt und es dürfen sich aus Si­cher­heits­gründen nie mehr als 20 Per­so­nen gleich­zei­tig im Tun­nel be­fin­den. Al­so je­weils zei­tig ein­rei­hen, plea­se.

«Ein­drücke aus der Sub-Kul­tur» – Gra­ben-Ju­bi­läums­aus­stel­lung: 20. bis 29. März, Don­ners­tag–Sams­tag, 19–21 Uhr, Gra­ben­hal­le St.Gal­len (Ein­gang stras­sen­s­ei- tig beim Un­te­ren Gra­ben)

28. März: Fest zur Aus­stel­lung

gra­ben­hal­le.ch