Stadtentwicklung: 2014 war ein Nullerjahr

Was entschied die St.Galler Stadtregierung letztes Jahr zur Stadtentwicklung und in Bau- und Planungsfragen? Wenig, was uns weiter bringt: 2014 war so gut wie ein Nullerjahr.
Von  René Hornung

Die spektakulärsten Kehrtwendungen

Ein Blick zurück ins 2014 zeigt: Noch selten wurde in St.Gallen so intensiv über Fragen der Stadtentwicklung, über Bau, Planung und Verkehr diskutiert wie im letzten Jahr. Das hängt auch damit zusammen, dass der «ausgewogen» regierende Stadtrat einige Entscheide verschoben oder gar rückgängig gemacht hat.

  • Das Kreuz in Winkeln, dem Hogar Español als Klubhaus-Ersatz versprochen, wird nun doch nicht spanisch. Eine neue Küche einzubauen sei zu teuer, lässt die Direktion Bau und Planung ausrichten.
  • Um die Zukunft des Klubhauses auf dem Areal Bahnhof Nord gibt es inzwischen so viel Wirbel, dass die vom Stadtrat verpasste Chance, das Klubhaus zu kaufen, jetzt samt Lehrgeld-Aufschlag voraussichtlich nachgeholt wird. Ob aber für das gesamte Areal eine Nutzungsstudie und ein Wettbewerb ausgeschrieben werden, ist noch offen. Und wo wir dereinst Tapas essen können, ist ebenfalls unklar.
  • Der Lämmlerbrunnen sollte weg vom neuen Bahnhofplatz nicht mehr. An seiner Stelle war eine Zickzack-Wasserrinne geplant. Die wichtigen Leute aus der Wirtschaft haben Leserbriefe geschrieben und eine Kehrtwendung erwirkt. Der Brunnen bleibt nun doch. Stellt sich noch die Frage: Wird ebenfalls in den Leserbriefspalten entschieden, ob er das ursprünglich geplante Seil bekommt, an dem das Tuch «hängen» sollte?

Ratlose Verkehrspolitik

In die Nesseln gesetzt hat sich der Stadtrat auch mit verkehrspolitischen Entscheiden:

  • Am spektakulärsten wohl der Entscheid zur zusätzlichen Autobahnausfahrt im Areal des Güterbahnhofs. Dort sollen die Autos unter den Boden und die Appenzeller in einem Liebegg-Autotunnel direkt den Berg hochfahren. Ein zig-Millionenprojekt. Wer’s zahlt, ist völlig unklar.
  • Ein neues Projekt für einen verkehrsberuhigten Marktplatz wurde zwar vorgestellt. Vor 2022 sei der Platz aber nicht fertig, räumt die Stadtregierung ein. Zuerst wird jetzt der Bahnhofplatz umgegraben.
  • Der Tarifverbund Ostwind hat eine neue Zone um die Stadt St.Gallen eingeführt – viele Tickets in und aus der Agglo sind teurer geworden. Da könne man nichts machen, das entscheide der Verbund, sagt unsere Regierung.
  • Velofahrende – die weder Abgas ausstossen noch Lärm machen – wurden im Sommer frühmorgens gebüsst, weil sie durch die noch menschenleere Fussgängerzone fuhren. «Falsch» parkierten Velos wurde «Abschleppen» angedroht. Der Stadtrat – vollmundig der Veloförderung verpflichtet – nimmt das alles achselzuckend hin.

Bau-Nichtentscheide häufen sich

Dazu gibt es ein ganzes Sammelsurium von Bau-Nichtentscheiden, das zum Fazit «Nullerjahr 2014» führt:

  • Die Sanierungen des Waaghauses oder der Neubau der Schule Riethüsli sind bis auf weiteres verschoben.
  • Die Baubewilligungsbehörde sei zu gross und soll wieder verkleinert werden. Am liebsten hätte die Baulobby dort alle Architekten rausgeschmissen. Wie viele im Gremium bleiben dürfen, ist noch immer in Diskussion.
  • Im Parlament wurde die inaktive Bodenpolitik der Stadt kritisiert. Die Liegenschaftenkommission habe während zweier Jahre nur zweimal getagt. Stadtentwicklung steuern hiesse aber, eine aktive Bodenpolitik zu betreiben.
  • Bloss ein Gewerbehaus beim Bahnhof Haggen hat die Stadt in den letzten zwei Jahren gekauft. Sie stellt es nun aber doch nicht den Kreativen und Bands für Übungsräume zur Verfügung. Hier werden später die Sozialen Dienste neue Büros bekommen.
  • Was auf dem grossen, von der Stadt gekauften Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs St.Fiden passieren soll, weiss noch niemand so recht. Nur so viel: Die Migros Bach soll deutlich grösser werden.
  • Und zuletzt: Stadtbaumeister Erol Doguoglu verlässt nach gut fünf Jahren sein Amt. Zu gross sei inzwischen der Einfluss der Finanzfachleute, die mit den Sparprogrammen Futura und Fit 13plus den Spielraum für Architektur immer enger machten.