St.Georgen und die Filmorgel aus Amerika

Die reformierte Kirche St.Georgen veranstaltet ein Wochenende der Stummfilmkonzerte. Wie das zusammenpasst? Der Kirchenorganist hat in den USA alte Filmorgeln für sich entdeckt.
Von  Sarah Schmalz

Es ist ja gerade ziemlich hip, das mit den Stummfilmvertonungen: Auf der Leinwand Buster Keaton, am Mischpult ein Elektrokünstler, der disharmonische Klänge produziert. Die Stummfilmkonzerte, die dieses Wochenende in St.Georgen über die Bühne gehen, haben mit diesem Subkultur-Dings aber wenig zu tun. Das lässt sich schon am Austragungsort ablesen: Vertont wird im reformierten Kirchgemeindehaus, auf einer Wurlitzer-Orgel mit Baujahr 1923.

Pferdegeklapper und Meeresrauschen aus der Wurlitzer

Wurzlitzer was? Wenn einem der Name nichts sagt, hat das damit zu tun, dass die Orgel im deutschsprachigen Raum kaum bekannt ist. In den USA und dem England der 1920er-Jahre hingegen waren Stummfilmvorführungen, die live mit der extra für Film-und Theater konzipierten Orgel vertont wurden, ein grosser Renner. Wurlitzer-Orgeln können auch Geräusche wie Pferdegeklapper oder Meeresrauschen erzeugen. Und sie sind im englischsprachigen Raum häufig bei Retro-Kinoabenden im Einsatz. Bernard Ruchti, Organist der reformierten Kirche St.Georgen, entdeckte das Instrument, als er vor einigen Jahren zehn Monate in San Francisco verbrachte. Und die Orgel hat es ihm angetan: Sie habe eine unglaublich tolle Akustik, sagt er. «Die Wurlitzer tönt besser als so manche klassische Orgel.»

Stummfilmkonzerte in St.Gallen sollen Tradition werden

Als sich vor vier Jahren eine Sanierung der mittelmässigen Orgel der reformierten Kirche St.Georgen aufdrängte, wandte sich Ruchti stattdessen an die American Theater Organ Society, die sich für den Erhalt von Wurlitzer-Orgeln einsetzt. Die vermittelte dem St.Galler ein Instrument, das einst in einem Kino in der Kleinstadt La Porte im US-Bundesstaat Indiana gespielt worden war. Und weil es heute in Europa nur sehr wenige Wurlitzer-Orgeln gibt, waren schnell Kulturstiftungen gefunden, die es für eine gute Idee hielten, das 400 000 Franken teure Instrument nach St.Gallen zu holen.

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Bernard Ruchti und die Wurlitzer. (Bild: pd)

So also kam es, dass seit Kurzem ausgerechnet in St.Georgen eine von nur drei Wurlitzern der Schweiz steht. Ein ganz besonderes Stück, wie Ruchti sagt. «Es gibt kaum noch Filmorgeln, die wie diese im Originalzustand erhalten sind.» Im November wurde das Instrument eingeweiht. Nun will Ruchti, dass Stummfilmkonzerte im Kirchgemeindehaus zur Tradition werden. Für die erste Ausgabe haben der Organist und seine Mitorganisatoren vom neu gegründeten St.Galler Wurlitzer-Verein einen Grossen der Szene engagiert: Der Engländer Richard Hills gehört zu den wenigen modernen Organisten weltweit, die sich auf die klassische Film- und Theatervertonung mit der Wurlitzer spezialisiert haben.

 

Beeindruckende Fingerarbeit: Richard Hills in Aktion.

Lang- und Kurzspielfilme

Das Festival dauert drei Abende. Am Freitag vertont Hills den Liebesfilm Sunrise (1927) des deutschen Regisseurs Friedrich Wilhelm Murnau, mit George O’Brien und Janet Gaynor in den Hauptrollen. Am Samstag folgt Safety last (1923) mit Harold Lloyd, Mildred Davis und Noah Young. Und am Sonntag stehen nach einem Kinderprogramm Kurzfilme mit Charlie Chaplin sowie Laurel und Hardy auf dem Programm.

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