St.Galler Flieder im Südpol-Schneegestöber
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Schneegestöber im Luzerner Frühling: Wie passend, wenn vor dieser April-Kulisse gen Südpol geradelt wird, wo die st.gallisch-zürcherische Band Flieder ihre Residenz verbringt. Hierbei bietet das Luzerner Veranstaltungshaus verschiedenen Kulturschaffenden an, ihre Programme in einem fokussierten Rahmen zu erarbeiten. Dafür stellt der Südpol Infrastruktur und Räumlichkeiten, worin sich ausgetobt werden kann. Dies sowohl für nationale als auch internationale Musikschaffende: Schnellertollermeier waren beispielsweise da oder das amerikanische Trio Zs, kürzlich erst Evelinn Trouble – und nun also Flieder.
Flieder sind eigentlich Thomas Böhm und Thomas Troxler. Ein gebürtiges Appenzeller-Duo, das mit Schlagzeug, Gitarre sowie unzähligen Effektgeräten, Kontrollern, Keys und Perkussionsinstrumenten antritt. Mittels Loops und Samples schaffen es die beiden Musiker, in kürzester Zeit wie ein ganzes Elektro-Orchester zu klingen, indem sie ihre raffinierten Songs Schicht um Schicht aufbauen.
Für die Residenz im Südpol wurden die Loopgeräte aber zuhause in St.Gallen gelassen. Begleitet werden Flieder nämlich gleich von fünf Mitmusikern, was zusammengerechnet das Flieder Ensemble ergibt. Und diese Combo hat es in sich: Mario Hänni (Rio, Pablo Nouvelle, Trio Heinz Herbert) und Bruder David gehören dazu, Nuel Schoch (Kejnu), Lukas Weber (Gaia, Mnevis) sowie Roland Wäspe (Ursina, The Fridge). Ebengenannter The Fridge aka Chistian Müller ist weiter als «Bandmami» dabei. Fast alle genannten Namen verbindet die Zugehörigkeit zum Kollektiv Red Brick Chapel, dem zahlreiche junge, hippe Schweizer Bands angehören; konzentrierter Kollektivsound sozusagen.
Flieder Ensemble: 21. April, 21 Uhr, Flon St.Gallen. Support: Wassily & Kafi-d
Doch wie klingt der Flieder-Ensemble-Sound denn nun? Kurz zusammengefasst werden groovende Muster gespielt, mit bouncigen Beats und repetitiven Riffs. Das erinnert in Phasen an Bands wie Tortoise oder Radiohead, unter dem Deckmantel von Trip-Hop, Prog-Rock und Avantgarde. Mit zahlreichen ausgebildeten Jazzmusikern in der Gruppe dürfen hierbei auch ausgedehnte Soloparts nicht fehlen.
Signale gibt man sich mittels Schreien oder Pfeifen, Notizen werden gemacht, Videos verwertet. Jeder Musiker wechselt dabei zwischen den Instrumenten. Diese allein sind eine Liebesangelegenheit für jeden Nerd: Da türmen sich Drumsets, Gitarren und Synthesizer zwischen überall verstreuten Effektgeräten, hinzu kommen Sampler, Mischpulte, Perkussionssets und und und. Nein, langweilig wird es hier niemandem auf diesem Audio-Spielplatz.
Spielplatz ist Stichwort: Bei der öffentlichen Probe des Septetts kommt der Spass nicht zu kurz. Es wird viel gelacht, auch mal ein Bier getrunken, ordentlich gejammt und ausprobiert – man möchte glatt mitspielen! Und sollte unbedingt hingehen und hinhören! Am Freitag gibt es im Jugendkulturraum Flon die vorerst einmalige Chance zum Anhören dieses beeindruckenden Projekts.
Nicht zu verpassen, mit bester Hörempfehlung aus der offenen Probe – egal, ob Sonne, Hagel oder Schnee, es gilt zu besuchen dieses Konzert, also geh, ja, geh!
Bilder: Stoph Ruckli
Mehr zum Jugendkulturraum Flon im Maiheft von Saiten.