Simon Gründler ist Politiker. Er ist aber auch leidenschaftlicher Zugfahrer, ehrenamtliche Lehrperson für politische Bildung, Mitglied der Juso und der SP St.Gallen, Co-Präsident des Jugendparlaments und Medizinstudent in Lugano. Letzteres sei wohl eher ein Hobby, würden seine Freund:innen behaupten.
Im Gegensatz zu zahlreichen Parteikolleg:innen war Gründler zuerst SP-Mitglied und ist erst später (auf einem Kirchturm) auch noch der Juso beigetreten. Zeitweise hielt er die Jungpartei für zu radikal in ihren Methoden, hat dann aber festgestellt, dass es parteiintern auch dort diverse Ansichten gibt. Es brauche eben Gespräche, sagt er. Am Ende des Tages würden doch alle für dasselbe kämpfen wollen – und müssen.
Und so sind das Studium – der Plan, Chirurg zu werden –, seine Freizeit und die Politik eng verbunden, denn der St.Galler möchte verändern: «Mir ist Eigenwirksamkeit sehr wichtig, darum mache ich Politik und studiere Medizin, ich möchte selbst aktiv etwas verändern. Das liegt mir.»
Gegen die Gleichgültigkeit
Der 22-Jährige ist überzeugt, dass genau diese Eigenwirksamkeit zentral ist, um junge Menschen für die Politik zu begeistern. Im Parlament sei die Jugend kaum repräsentiert, während viele Abstimmungen ihre Lebenswelt nicht tangieren und dadurch komplex wirken würden. So sei es eben nicht leicht, bei politischen Themen den Durchblick und damit auch die Motivation und letztlich ein Gefühl von Eigenwirksamkeit zu behalten. «Man fühlt sich schnell vom politischen Geschehen ausgeschlossen und wird gleichgültig.» Und genau darum geht es Gründler: Mitmachen und mitgestalten, die Macht, die man in einer Demokratie hat, nutzen, um Dinge zu verändern.
Ein wenig frustriert vom Parlamentsbetrieb ist der Jungpolitiker aber bereits: Der Lobbyismus, das fehlende Zuhören und die starren Strukturen würden im Parlament nur zu oft Lösungen verhindern, kritisiert er. Es sei natürlich Wunschdenken zu glauben, die Jungen würden im Parlament alles besser machen. «Aber eine bessere Welt ist möglich», da ist sich Gründler sicher.
Er möchte dennoch aktiv Realpolitik betreiben, vielleicht auf Gemeinde-, vielleicht aber auch auf Bundesebene. Und wenn man ihm zuhört, so klingt er bereits wie ein erfahrener Politiker, irgendwo zwischen optimistisch und diplomatisch realistisch. Nur ab und an drückt ein aufmüpfiger Juso, ein SP-ler mit radikalen Ideen durch.
Mehr Raum fürs Klima mit Gratis-ÖV
Geht es nach ihm, gäbe es besonders im Bereich des öffentlichen Verkehrs viel zu tun: mehr Fahrradwege, gratis Tickets für Bus und Bahn, weniger Autos und Emissionen – in Lugano, St.Gallen, überall. Mit diesem Thema hat er auch Anfang des Jahres für den St.Galler Kantonsrat kandidiert. Dabei ging es dem Studenten weniger darum, einen Sitz zu gewinnen, sondern vielmehr darum, die Jugend zu repräsentieren und dem Thema Klima mehr Raum zu geben. Denn der Klimawandel werde oft nur isoliert abgehandelt, viel zu selten werde er bei anderen Themen mitgedacht.
Sein Interesse für Politik wurde unter anderem durch die Klimastreik-Bewegung entfacht: «Gerade reden wir über einen Autobahnausbau und buttern Millionen in die Armee. Das geht in eine völlig falsche Richtung», sagt er. Da hört dann die Diskussionsfreudigkeit des St.Gallers zwischenzeitlich auf.
Eigentlich diskutiert Simon Gründler nämlich ganz gerne, vor allem mit Andersdenkenden – so verbringt er seine Samstage gerne an Standaktionen, dort kann er nach Lust und Laune diskutieren und überzeugen. «Nur wenn ich es mit Klimaleugner:innen zu tun bekomme, diskutiere auch ich nicht mehr so gerne», räumt er ein.
Und wenn er fertig diskutiert hat, steigt er gerne in den nächsten Zug, lernt dort für die Uni, arbeitet für das Jugendparlament, bereitet einen Workshop vor, führt Gespräche, schreibt Positionspapiere, überlegt, wie man den ÖV günstiger und attraktiver machen könnte oder schaut einfach zu, wie die Landschaft am Fenster vorbeirauscht.