Scheinheilig

Der Stadtrat hat 25’000 Franken für geplante Beitragserhöhungen an Palace und Sitterwerk gestrichen, als Reaktion auf die vom Parlament durchgedrückte Steuerfusssenkung. Jetzt jaulen selbst die Bürgerlichen auf. Das ist verlogen.
Von  Peter Surber
Das St.Galler Palace. (Bild: pd)

Knapp 5 Millionen Franken: So viel fehlen in der Stadtkasse zusätzlich im Jahr 2019. Es ist die Folge der Steuerfuss-Senkung, die das Stadtparlament im Dezember beschlossen hat. Treibende Kräfte waren die bürgerlichen Parteien inklusive Grünliberale.

Das Ziel hiess: Die Stadt soll für Steuerzahler attraktiver werden.

Die Methode hiess: Wir waschen unsere Hände in Unschuld – der Stadtrat soll selber herausfinden, wo die Millionen eingespart werden können.

Jetzt hat er einen ersten Entscheid gefällt. Das Kulturlokal Palace bekommt die beantragte Subventionserhöhung von 10’000 Franken nicht. Und das Sitterwerk bekommt die beantragten zusätzlichen 15’000 Franken nicht. Es bleibt bei den bisherigen Beträgen, 200’000 Franken fürs Palace und 70’000 Franken fürs Sitterwerk.

Die beiden Institutionen finden das zurecht ärgerlich. Und von links bis rechts reagieren die Parteien gemäss Umfrage im «St.Galler Tagblatt» ungehalten: Einmal mehr werde zuerst bei der Kultur gespart.

So weit, so verständlich. Das Verständnis endet aber bei der Reaktion der bürgerlichen Parteien. FDP-Mann Felix Keller, treibende Kraft hinter der Steuerfusssenkung, spricht von einer «übereilten Reaktion» des Stadtrats. Und Karin Winter-Dubs, Fraktionschefin der Sparpartei, äussert sich «irritiert»: «Es gab im Parlament keinen Antrag dafür.»

Diese Reaktionen sind zum einen: scheinheilig. Wer 5 Millionen einsparen will, muss irgendwo anfangen. Die Devise «So war es nicht gemeint» klingt bloss hohl.

Dies, zum andern, umso mehr, als sich das Parlament um konkrete Entscheide ausdrücklich gedrückt hat, wo die Stadt ihre Einsparungen vornehmen soll. Der Auftrag liegt beim Stadtrat und bei der Verwaltung. Diese Woche ist ein erster Entscheid gefallen.

Die 25’000 Franken weniger schmerzen. Aber sie sind keine Strafaktion gegen die Kultur, sondern gegen das bürgerliche Parlament und dessen kopflose Politisiererei. 2020 sind Wahlen.