Scheichs missbrauchen Frauenfussball zur Imagepflege

Die Frau­en-WM 2023 hat der FI­FA Re­kord­ein­nah­men von 570 Mil­lio­nen Dol­lar ein­ge­bracht. Da­mit ist der Fuss­ball-Welt­ver­band nicht zu­frie­den – das Ge­schäfts­mo­dell soll wei­ter op­ti­miert wer­den. Im April ver­kün­de­te die FI­FA ei­ne Spon­so­ring-Ver­ein­ba­rung mit dem sau­di-ara­bi­schen Kon­zern Aram­co, der gröss­ten staat­li­chen Öl- und Gas­fir­ma der Welt. Der Öl­rie­se be­fin­det sich zu 98,5 Pro­zent im Be­sitz des Kö­nig­reichs Sau­di-Ara­bi­en. Der Deal be­trifft auch die Frau­en-WM 2027 in Bra­si­li­en. Die­ser Plan stösst vie­len Fuss­bal­le­rin­nen sau­er auf.

Mehr als 130 Pro­fil­spie­le­rin­nen aus 26 Län­dern ha­ben die FI­FA in ei­nem Pro­test­brief scharf kri­ti­siert. Prä­si­dent Gi­an­ni In­fan­ti­no wird auf­ge­for­dert, das Ge­schäft zu über­den­ken. «Das Aram­co-Spon­so­ring zeigt dem Frau­en­fuss­ball den Mit­tel­fin­ger», schrei­ben die Sport­le­rin­nen. Die Scheichs gä­ben «Mil­li­ar­den für Sport­spon­so­ring aus, um vom schlech­ten Ruf des Re­gimes in Be­zug auf die Men­schen­rechts­la­ge ab­zu­len­ken». Ne­ben der frü­he­ren US-Ka­pi­tä­nin Be­cky Sau­er­brunn ha­ben auch die nie­der­län­di­sche Star­spie­le­rin Vi­vi­an­ne Mie­de­ma und die schwe­di­sche Olym­pia­sie­ge­rin Fri­do­li­na Rol­fö un­ter­schrie­ben.

Zum ei­nen wird dem Kon­zern vor­ge­wor­fen, den Kli­ma­wan­del vor­an­zu­trei­ben, zum an­de­ren ver­kau­fe die FI­FA durch die Zu­sam­men­ar­beit ih­re ei­ge­nen Prin­zi­pi­en so­wie die der Fans und der Spie­ler:in­nen. «Die­ses Spon­so­ring ist viel schlim­mer als ein Ei­gen­tor im Fuss­ball: Die FI­FA könn­te ge­nau­so gut Öl auf den Platz gies­sen und an­zün­den.»

Bis vor ein paar Jah­ren galt für Frau­en in Sau­di-Ara­bi­en noch ein Sta­di­on­ver­bot. Mitt­ler­wei­le wird der Frau­en­fuss­ball zur Image­pfle­ge des herr­schen­den Clans ge­för­dert. Seit zwei Jah­ren gibt es ein Na­tio­nal­team, ei­ne Frau­en­li­ga, Spie­le wer­den live über­tra­gen und Frau­en er­hiel­ten meh­re­re Pos­ten im sau­di­schen Fuss­ball­ver­band. Doch Gleich­stel­lung gibt es des­halb noch lan­ge nicht. Die Re­for­men blei­ben wi­der­sprüch­lich. Noch im­mer ent­schei­det oft ein Mann, was die Frau­en tun dür­fen und was nicht. Wer es wagt, Kri­tik zu üben, lebt ge­fähr­lich. Ak­ti­vis­tin­nen wer­den weg­ge­sperrt. Es gibt so­gar Be­rich­te über Fol­ter.

Pro­tes­te gab es in der west­li­chen Welt zu­letzt auch an­ge­sichts der Ver­ga­be der Män­ner-WM für 2034. Wie­der wird die gröss­te Wer­be­platt­form des Sports in die Wüs­te ver­kauft. Sau­di-Ara­bi­en ist der ein­zi­ge Be­wer­ber. Ein Zu­schlag beim nächs­ten FI­FA-Kon­gress am 11. De­zem­ber ist rei­ne Form­sa­che.

Der Song zum Text: Peo­p­le Have the Power von Pat­ti Smith. Ih­re Mes­sa­ge hat Ge­wicht. Die Song­wri­te­rin und Dich­te­rin ver­fügt über ei­ne Au­ra, die an­de­re Künst­ler:in­nen ver­blas­sen lässt. Ihr Song Peo­p­le Have the Power ist ei­ne Hym­ne für so­zia­le Ge­rech­tig­keit und po­li­ti­sches En­ga­ge­ment und soll die Zu­hö­rer:in­nen da­zu er­mu­ti­gen, ih­re Stim­me zu er­he­ben.

NA­THA­LIE GRAND, 1967, ist freie Jour­na­lis­tin und Pro­jekt­mit­ar­bei­te­rin bei der Stif­tung Sucht­hil­fe. Sie steht seit über 15 Jah­ren als Fuss­ball­trai­ne­rin auf dem Platz und an der Sei­ten­li­nie. Vor drei Jah­ren star­te­te sie in St. Gal­len ein Pro­jekt zur För­de­rung des Mäd­chen- und Frau­en­fuss­balls. Bis zum Start der Frau­en-EM 2025 in der Schweiz schreibt sie über Frau­en, Sport und Gleich­stel­lung. Il­lus­triert wird die Ko­lum­ne von LEA LE.