, 1. Mai 2020
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Saiten im Mai: Chill, Boomer.

Ein Heft mit vielen Generationenfragen, zornigen Jungen und gelasseneren Alten. Ausserdem: Corona-Kultur, Corona-Kommentare, Corona-Chancen, Corona-Berichte aus Wien und New York und coronafreie Geschichten aus der Geschichte der Ostschweiz.

Die Bilder zum Titelthema hat Georg Gatsas gemacht, coronabedingt via Bildschirm. Hier und auf dem Heftcover: Ilona Ruegg.

Krise, vom griechischen «krinein», trennen, unterscheiden: Kein Wunder, sieht man in der Coronakrise vieles deutlicher als sonst. Zum Beispiel, wie wichtig Spitäler und wie unverzichtbar und schlecht entlöhnt die Pflegeberufe sind. Wie dünn die Luft für viele Kulturschaffende und Freelancer in anderen Branchen ist. Wie gern die Exekutiven Freiheiten exekutieren. Wie fragil die vermeintlich so robusten Ökonomien sind. Oder wie empfindlich das Verhältnis unter den Generationen.

Kein Wunder drum auch, dass nach dem ersten Corona-Solidaritätsschub die Kontroversen umso härter aufbrechen. Gerade im Verhältnis von Alt und Jung. Die einen (Jungen) klagen, der Gesundheit der Alten zuliebe eingesperrt und in ihrer Arbeit behindert zu werden. Die andern (Alten) klagen, sie würden als Gesundheitsrisiko angeprangert statt gewürdigt als jene, die den heutigen Wohlstand erst möglich gemacht haben. Dass man das Thema auch gelassener angehen kann, zeigt in diesem Heft das Interview mit der Generationenforscherin Pasqualina Perrig-Chiello: Sie kritisiert zwar auch die «negativen Altersbilder», die offenbar latent vorhanden seien und jetzt aufbrächen – stellt aber zugleich fest: «Im Alltag erlebt die Schweiz allen medialen Diskursen zum Trotz eine beachtliche intergenerationale Solidarität – vor allem innerhalb, aber auch ausserhalb von Familien.» Vielleicht biete die Coronakrise eine Chance, das gegenseitige Nichtwissen zwischen den Generationen abzubauen.

Etwas dazu beitragen will auch diese Saiten-Ausgabe. Umso mehr, als uns das Generationenthema unabhängig von Corona schon länger umtreibt, samt seinen Widersprüchen. Was stimmt jetzt: der Eindruck, dass die Generation der «Babyboomer» und deren Kinder einen entschieden entspannteren Umgang miteinander pflegen als noch die Generation davor, dass an den Klimademos der Jungen die Alten solidarisch mitdemonstrieren, dass Kinder locker ins eigene Elternhaus einziehen? Oder stimmt auf der anderen Seite die hässliche Fratze der «Boomer», die die Welt in den Abgrund geritten haben und die Jungen nicht ans Ruder lassen?

In dieser Ausgabe kommen zornige Junge zu Wort und gelassenere Alte. Wir reden mit der Generationenforscherin und mit Sozialwissen- schaftlern, stellen Mehrgenerationenprojekte vor und amüsieren uns über stereotype Memes. Georg Gatsas hat Menschen unterschiedlichen Alters fotografiert – coronabedingt per Bildschirm. Und durch den Titel führt ein Fragebogen mit der kniffligsten Frage in der Mitte: Zu welcher Generation zählst du dich?

Ausserdem im Heft: Corona-Kommentare, Corona-Chancen, Corona-Berichte aus Wien und New York, Corona-Kultur und coronafreie Geschichten aus der Geschichte der Ostschweiz.

Das ist die 300. Ausgabe von Saiten. Und die zweite, nach dem April, ganz ohne Kulturkalender. Wir feiern trotzdem: mit 3000 Gratisabos für die nächsten drei Ausgaben von Saiten. Kultur muss sein, auch wenn sie gerade nicht stattfinden kann. Und auch wenn sie nicht ganz so krisenresistent ist wie der Diskurs der Generationen.

Peter Surber

 

Der Inhalt:

Reaktionen/Positionen
Nebenbei gay von Anna Rosenwasser
Warum? von Jan Rutishauser
Redeplatz mit Mark Riklin
Stimmrecht von Farida Ferecli
Corona I/II/III/IV

Titel

«Du bist noch jung.» – «Der richtige wird schon noch kommen, du wirst sehen.» Warum die Boomer endlich mal chillen sollen. Von Aglaja Bohm

Danke, Boomer-Väter! Unsere Probleme sind gross genug, wir wollen nicht auch noch euren unausgelebten Schmerz ausbaden. Von Tobit Brüllmann

Warum es neue Generationenverträge braucht, worin sich alte und neue Jugendbewegungen unterscheiden und warum immer mehr Junge konservativ ticken. Generationenforscherin Pasqualina Perrig-Chiello im Interview. Von Roman Hertler

Heute sind Mehrgenerationen- Projekte gefragt – wenn auch in der Ostschweiz noch weit vom «Boom» entfernt. Ein Rundgang. Von Peter Surber

Uns fehlt die «Elder»-Kultur. Und was wir von indigenen Völkern lernen können. Von Ursula Popp

Die Welt verändert sich, das verunsichert Alt wie Jung. Und die Rechten profitieren davon. Die Sozialwissenschaftler Stefan Paulus und Axel Pohl im Interview. Von Corinne Riedener

Hey, Generation Silent, X, Z, Boomer und Millennials: Lacht wiedermal über euch selber, wir liefern die Memes dafür! Von Julia Kubik

Fotografien von Georg Gatsas

Perspektiven

Antifeminismus und Anti-Gender-Rhetorik ermöglichen es Teilen der Gesellschaft, nach rechts zu rücken, ohne dass sie «rechts» wirken. Von Franziska Schutzbach

Das Ganze als das betrachten, was es ist: etwas Neues, Unverständliches, das man aushalten muss. Die Corona-Flaschenpost aus Wien. Von Lorenz Langenegger

Together home alone in New York City: Was ist die «Mutter aller Städte», wenn alles, was man dort suchte, nun fehlt? Von Michaela Müller und Roman Elsener

Kultur

Mit Covid-19 wird das Sterben öffentlich. Und damit die Einsicht, dass uns die früher selbstverständliche Perspektive über den eigenen Tod hinaus abhanden gekommen ist. Von Ludwig Hasler

Kulturfasten – Was heisst das konkret? Auskünfte von Theaterleuten, Nothilfe im Anlaufen, kontroverses Streaming und ein Blick nach Deutschland und Österreich. Von Peter Surber

«Die Moderne im Kleinen»: St.Galler Bauten aus den krisengeprägten 1930er-Jahren. Nina Keel stellt den Linsebühl-Bau vor.

Stefan Kellers grosse Reportage über die Geschichte der Arbeit im Thurgau ist ein biografisches Feuerwerk – dicht, präzise und äusserst unterhaltsam. Von Roman Hertler

Das Museum Heiden und seine Sammlung aus «Niederländisch-Indien»: Andreas Zangger, Mitautor von Buch und Ausstellung, über die Hintergründe. Von Hanspeter Spörri

Abgesang

Kehls Kompass
Kellers Geschichten
Pfahlbauer
Comic

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