Saiten im März: Auf Nadeln
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Man könnte meinen, das Leben verlaufe in normalen Bahnen – ein Saiten-Kalender mit rund 700 Daten in diesem Märzheft, ein respektabler Kulturteil, sogar Veranstaltungsinserate… Und dabei ist an diesem 17. Februar 2021, da wir die vorliegende Saiten-Ausgabe abschliessen, noch nicht definitiv abzusehen, was im März an veranstalteter Kultur und sonstigen Regungen des öffentlichen Lebens erlaubt sein wird. Gerade schlägt der Bundesrat erste vorsichtige Lockerungen des Corona-Regimes ab 1. März vor. Der «Tunnel» bleibe aber noch lang. Und die Kantone haben mitzureden.
Dennoch: Wir haben uns entschieden, am Kalender festzuhalten. Manches wird stattfinden, zumindest in Museen, auf Beizenterrassen und Sportplätzen. Anderes liest sich zumindest optimistisch, als Hommage an die gebeutelten Kulturschaffenden. Die aktuell gültigen Termine: online auf saiten.ch.
Strom fürs Hirn in Corona-Zeiten: Saiten verschenkt das März-Heft
Auch 2021 steht die Frage im Raum: Was ist in diesen Tagen normal? Die Antwort ist immer noch die gleiche wie letztes Jahr: Normal ist, dass wir uns gegenseitig helfen!
Saiten hilft dir, weiterhin mit Lesestoff zu Kultur, Gesellschaft und Politik versorgt zu sein. Tagesaktuell auf saiten.ch und als Monatsmagazin in deinem Briefkasten. Und weil rundum viele Saiten-Auflegeorte geschlossen sind, gibt es nur eins: Wir verschenken unser März-Heft und schicken es Interessierten gratis ins Haus. Ganz einfach: Adresse melden, Heft kommt: saiten.ch/strom
Die Pandemie treffe die Jugendlichen am härtesten: Ob sie das selber auch so sehen, wollten wir im Gespräch mit vier jungen Frauen und Männern wissen. Die Pandemie wirft ein Schlaglicht auf die Situation der Pflegeberufe: Das ist Thema im Interview mit dem Pflege-Aktivisten Alain Müller ebenfalls im Perspektiventeil dieser Ausgabe. Und in der Kulturszene bleibt mit Corona seit einem Jahr kein Stein auf dem anderen – Einschätzungen dazu und zur Kultur als «Rückgrat» der Gesellschaft (und Wirtschaft!) im Kommentar von Eva-Maria Würth. Um das Thema der Themen kamen wir schliesslich auch im Interview mit Katrin Meier nicht ganz herum: Die Leiterin des St.Galler Amts für Kultur tritt nach 13 Jahren zurück und zieht in diesem Heft Bilanz.
Was sicher ist: Impfen bleibt das Stichwort der Stunde. Die ganze Schweiz und die halbe Welt diskutiert über mRNA-Impfstoffe, Virenmutationen, Vektortechnologie, Liefermengen, Impflöcher, Proteine und Inzidenzien. Uns hat für diese Ausgabe etwas anderes gestochen: der «Piks» an sich. Saiten fragt im Titelthema nach dem spitzen Objekt der Impfbegierde: der Nadel. Sie kommt milliardenfach in der Natur vor: Peter Müller schreibt über den Nadelbaum. Sie prägte die Industriegeschichte; mehr dazu im Beitrag von Hanspeter Spörri über die letzte Handstickerin in der Ostschweiz. An der Nadel hingen Drogenschicksale; heute kommt der Stoff, wie Roman Hertler im Gespräch mit jungen Konsumenten erfährt, aus der Flasche. Corinne Riedener besucht die Bänzigers in Rebstein, als Tattoopionier und Schneiderin familiär gleich doppelt «vernadelt». Wo die Ostschweizer Nadelgeschichte angefangen hat, zeigt ein Besuch in der St.Galler Archäologie. Ladina Bischof begleitet den objektgeschichtlichen Rundgang mit einer fotografischen Nadelpantomime. Und frisch geimpft: der Pfahlbauer.
Ausserdem im Kulturteil: Die neunbändigen St.Galler Literaturstreifzüge von Richard Butz, Hildegard Kellers Hannah-Arendt-Roman, ein Pausenbesuch in der Frauenfelder Theaterwerkstatt und dialektische Wundertöne aus «Boomtown» Neuhausen.
Peter Surber
Der Inhalt:
Reaktionen / Viel geklickt
Nebenbei gay von Anna Rosenwasser
Warum? von Jan Rutishauser
Einstich I / II
Redeplatz mit Jeremias Heppeler
Einstich III
Auf Nadeln
Stich ins Herz: Sie war Schneiderin, er Tätowierer. Jetzt sind sie pensioniert und nach über 50 Jahren immer noch glücklich zusammen. Besuch bei Nigi und Pablo Bänziger in Berneck. Von Corinne Riedener
Reichtum, Wohlstand, Not: Die Stickereiindustrie prägte die Geschichte der Ostschweiz. Und das Leben von Lina Bischofberger, der letzten Handmaschinenstickerin. Von Hanspeter Spörri
Maka, Lean, Sizzurp: Menschen, die an der Nadel hängen, sind aus der Öffentlichkeit verschwunden, dafür sind Opiate und Opioide hoch im Kurs. Drei junge Erwachsene berichten. Von Roman Hertler
Fichten, Föhren, Arven: Ihre Nadeln sind ernster als das eingängige Laub, dabei hat die «Nadel-Strategie» der Natur auch Vorteile – aber nicht nur. Von Peter Müller
Nadeln aus Rentierknochen, ein Nadeldepot im See vor Rapperswil und der Siegeszug des Homo Sapiens: Spurensuche zur Geschichte der Nadel in der St.Galler Archäologie. Von Peter Surber
Fotografie: Ladina Bischof
Perspektiven
Flaschenpost aus der Kneza Miloša in Belgrad, wo der Verkehr wie ein Erdbeben spürbar ist und die panslawischen Flaggenfarben Rot, Weiss und Blau dominieren. Von Katrin Keller
Wie geht es den Jungen in der Pandemie? Was vermissen sie? Was läuft gut und was weniger? Noa Olibet, Siri Löffel, Aaron Kopf und Miriam Rizvi erzählen. Notiert von Peter Surber, Roman Hertler und Corinne Riedener
Schlafende Politik, impotente Gewerkschaften: Der Verein Pflegedurchbruch wehrt sich gegen den Pflegenotstand. Der Initiant und Psychiatriepfleger Alain Müller im Interview. Von Roman Hertler
Kultur
Katrin Meier verlässt nach 13 Jahren das kantonale Amt für Kultur und zieht Bilanz: über die Kulturförderung in Pandemiezeiten, politische Prozesse und die «Kultur für alle». Von Peter Surber und Corinne Riedener
Die Kultur ist bedroht: durch Sparübungen, selbstausbeuterische Verhältnisse und die fehlende Einsicht, dass Kultur gesellschaftliche Grundlagenforschung leistet. Von Eva-Maria Würth
Agieren statt reagieren, experimentieren statt abwarten: Die Theaterwerkstatt Frauenfeld gönnt sich eine Kreativpause. Von Dieter Langhart
Ein Riesenwerk: Richard Butz bringt seine literarischen Streifzüge durch St.Gallen als Buch heraus. Das Motto liefert Niklaus Meienberg. Von Peter Surber
«Was wir scheinen»: Im ersten Roman von Hildegard E. Keller verbringt Hannah Arendt den Sommer 1975 im Tessin. Von Eva Bachmann
Dialekt-Disco: Songwriter Jürg Odermatt und Houseproduzent David Moore vertonen Erinnerungsschwaden aus «Boomtown» Neuhausen. Von Marcel Elsener
Abenteuerin, Autorin und Kapitänin: Cilette Ofaires Schiffsroman «Ismé» erlebt eine Renaissance – erweitert um ihr gezeichnetes Logbuch. Von Gabriele Barbey
Heiss: Die Frauenbadi auf Drei Weieren ist renoviert und hat eine Wintersauna bekommen – ein architektonisches Kleinod. Von René Hornung
Abgesang
Kellers Geschichten
Pfahlbauer
Comic