Saiten im April: Viral

Ein ausserordentlich dünnes Heft zur «ausserordentlichen Lage» – inklusive Tipps für die heimische Quarantäne. Ausserdem: Regierungsratskandidatin Laura Bucher, eine gezeichnete Flaschenpost aus Belgrad und die neue App für Geflüchtete.
Von  Redaktion Saiten
Die «Stimmen aus dem Internet» hat die Saiten-Grafik zusammengetragen.

Und plötzlich ist sie da, die Zombie-Apokalypse. Dabei stünden doch der Frühling und der Klimawandel vor der Tür. Und tausende von Geflüchteten an Europas Grenzen… So schlimm wie die Zombie-Apokalypse ist das Coronavirus natürlich lange nicht, aber in diesen Zeiten fühlt sich mensch doch sehr an gewisse Bücher und Serien erinnert. Nur dass dort die Folgen für die arbeitenden Klassen und die Volkswirtschaft selten ein Thema sind, sondern eher schaurig-schöne Schockmomente und leichtbekleidete Damen, die kreischend dem Tod zu entrinnen versuchen.

Klar ist: Sars-CoV-2 ist die pure Überwältigung. Alles steht still beim Redaktionsschluss für dieses Heft. Zum Agieren fehlt uns als Gesellschaft die Zeit, wir können nur reagieren und von Tag zu Tag das Nötigste klären. Wichtige Fragen – etwa wem die Pandemie nutzt, wer dankbar Trittbrett fährt, was sich im Gesundheitswesen ändern müsste, ob die bundesrätlichen Massnahmen en detail getaugt haben, welche Überwachungsgelüste im Zuge dieser Krise gestillt werden, was die Isolation mit der Psyche macht oder welche volkswirtschaftlichen Folgen der Corona-Stillstand mittel- und langfristig bringt – wird man erst in den nächsten Wochen und Monaten beantworten können. Vielleicht.

«Am 29. März wird die Uhr um eine Stunde vorgestellt, das heisst, die ganze Misere dauert 60 Minuten weniger lang. Jibbiiiie!» Das schreibt der freischaffende Schauspieler Romeo Meyer am 17. März auf Facebook. Wie recht er hat. Viele werden an den Rand der Existenz kommen, wenn nicht rasch Hilfspakete geschnürt werden, gerade auch die Kulturschaffenden und Selbständigerwerbenden. Auch für Saiten ist die Situation nicht einfach. Die Inseratelage ist prekär, der Aprilkalender gekübelt – zumindest im Heft. Wir versuchen jetzt, den Onlinekalender, so gut es geht, à jour zu halten. Und hoffentlich bald wieder mit Anlässen zu füllen.

Ursprünglich war im April ein kritisches Heft zum St.Gallen Symposium geplant, das – wie alles andere auch – Mitte März abgesagt wurde. Jetzt ist es das Virus. Ein Experiment, denn es kann eigentlich nur schief ge-hen, wenn ein Monatsmagazin über ein Thema berichtet, das die Welt jede Sekunde in Atem hält und sie von unten bis oben umkrempelt.

Trotzdem: Marguerite Meyer wirft einen Blick auf die Folgen für die Ostschweizer Industrie, Silvano Moeckli erklärt die staatspolitischen Kniffe einer «ausserordentlichen Lage», Peter Surber versucht eine «Chronologie dieser nie dagewesenen Situation», Roman Hertler fragt Paul Rechsteiner nach Einschätzungen zum Gesundheitswesen, Urs-Peter Zwingli nimmt sich die Krisenkommunikation vor und die Schriftstellerin Laura Vogt schreibt daheim gegen die Isolation an. Um die Leere im Kulturteil aufzufangen, haben wir unsere Freundinnen und Freunde gebeten, uns ihre Tipps für die heimische Quarantäne zu schicken – da ist einiges zusammengekommen, vielen Dank! Garniert ist dieses Coronaheft mit Stimmen aus dem Internet, selbstverständlich anonymisiert, aber alle so, wie sie die Saiten-Grafik in den Sozialen Medien gefunden hat. Alles weitere: laufend und virenfrei auf saiten.ch.

Ausserdem: Das Nichtwahlkampf-Interview mit Regierungsratskandidatin Laura Bucher, die gezeichnete Flaschenpost von Lika Nüssli aus Belgrad und die neue App, die Geflüchtete mit der hiesigen Bevölkerung zusammenbringen soll. Wenn dann die Ausgangssperre wieder aufgehoben ist. Hebed Sorg und bleibt solidarisch!

Corinne Riedener

 

Der Inhalt:

Reaktionen/Positionen
Redeplatz mit Rahel Röthlin
Stimmrecht von Farida Ferecli
Nebenbei gay von Anna Rosenwasser
Warum? von Jan Rutishauser

Viral

Im Bann des Virus. Mehr als ein «Vielleicht» gibt es nicht in diesen Zeiten – Chronik einer nie dagewesenen Situation.
Von Peter Surber

Die Ängste. Und die Chance.
Von Jeanne Devos

Tasten // Notizen.
Von Laura Vogt

Die Stunde der Exekutive: Ausserordentliche Lagen im Bundesstaat.
Von Silvano Moeckli

Die Kunst der Krisenkommunikation.
Von Urs-Peter Zwingli

Ein temporärer Schock: Das Coronavirus ist auch eine Belastungsprobe für die Wirtschaft.
Von Marguerite Meyer

«Wir müssen nicht nur das Gesundheitssystem überdenken»: Paul Rechsteiner im Corona-Interview.
Von Roman Hertler

Perspektiven

Sve u redu – alles in Ordnung? Eine gezeichnete Flaschenpost aus Belgrad.
Von Lika Nüssli

Antritt: Laura Bucher, St.Galler SP- Regierungsratskandidatin, im Interview über Gesundheitspolitik und den Zustand ihrer Partei.
Von Roman Hertler

Abgang: Der St.Galler Kantonsbaumeister Werner Binotto geht in Pension. Und erklärt die Liegenschafts-Strategie des Kantons in der Hauptstadt.
Von René Hornung

Kultur

Serien, Bücher, Sounds…: 27 rettende Tipps für das Überleben in der Kultur- Quarantäne.

«Volunteer»: Der Dokfilm über Schweizer Flüchtlingsretter – momentan nicht im Kino.
Von Geri Krebs

«Zwischenwelten»: Thomas Karrers Recherche-Film über das Geistheilen.
Von Hanspeter Spörri

Jolanda Spirig erzählt in «Hinter dem Ladentisch» eine Kindheit in den 40er- und 50er-Jahren.
Von Peter Müller

Gewalttätige Männer, traumatische Familien: Dragica Rajcics verstörender Gedichtroman «Glück».
Von Peter Surber

Für den Winter ohne Schnee: «Schneegedichte», der neue Lyrikband von Lisa Elsässer.
Von Rainer Stöckli

Abgesang

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