Ruhe und Ordnung für Schnittlauch & Co.
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«Pflanz dich frei» hiess es im April – inzwischen spriessen Salat, Kohlrabi, Fenchel, Schnittlauch & Co. aus zwei Blechkisten auf dem grau betonierten Platz vor der Fachhochschule am Bahnhof St.Gallen. Den Schulhaus-Abwarten sei Dank: Sie giessen und pflegen.
Im Spickel von Linsebühl- und Speicherstrasse wird die Kiste von Quartierbewohnern «gehütet», eine Liste, ähnlich den Putzlisten in den Beizen-WCs, hängt versteckt auf der Rückseite. Die Plastikspritzkanne ist mit einem Zahlenschlösschen vor Dieben gesichert. Auch am Gallusplatz wächsts.
Die Stadtgärtnerei ist stolz auf ihre Aktion: Die Hochbeete in den Blechkisten stören das Stadtbild nicht. Sie sind sauber und beschriftet: «clever geniessen». Eine wohltemperierte Aktion. Der Anstoss kam von der FHS-Studentin Karin Hungerbühler, die in einer Masterarbeit forderte, den Ball des Urban Gardening auch in St.Gallen ins Rollen zu bringen.
Aber: Gehen diese Hochbeete mit dem abweisenden Charme einer Blechkiste noch als Urban Gardening durch? Denn genau dieser Charme ist es, der die grossen Urban-Gardening-Projekte andernorts auszeichnet. Am berühmtesten ist wohl «Frau Gerolds Garten» auf einer Brache neben dem Zürcher S-Bahnhof Hardbrücke, ein Containerstapel und daneben eine Beiz in einem Garten, in dem alle irgendwie aufzutreibenden Gefässe als Beete genutzt werden: von der klassischen SBB-Holzkiste übers Blechfass bis zur High-tech-Pflanzstation, die über eine kleine, solarbetriebe Pumpe bewässert wird. Im Bild rechts: ein mobiler urbaner Garten beim Zürcher Drahtschmidli.
Gruss vom Amt für grüne Daumen
Klar, über solch wildes Pflanzen rümpfen viele die Nase. Dem ist das St.Galler Gartenbauamt mit den properen Blechkisten zuvorgekommen. Eine «wilde» Kiste hat es dennoch ins Stadtbild geschafft, zwischen Lokremise und Leopard-Bürohaus steht sie, zusammengeschraubt und genagelt. Noch etwas schitter bepflanzt: «Dieses Holzhochbeet ist für jede und jeden frei zugänglich. Wer Lust und Zeit hat, kann hier gerne jäten, pflanzen, sich austauschen und Spass und Motivation verbreiten», steht da. Mit einem Gruss vom «Amt für grüne Daumen».
Da kann man sich nur wünschen, dass dieses Amt noch viele Pflanzecken finde.