#rockthelvetia?

Seit Oktober organisiert die Koordinationsstelle «Helvetiarockt» Female Bandworkshops, um mehr junge Frauen zu mobilisieren. Am Samstag findet das regionale Abschlusskonzert der Band «Hashtag» statt. von Melissa Jetzer
Von  Gastbeitrag

«Ich sage, wann wir beginnen», mahnt Susi Hensel. Schliesslich ist das die Aufgabe des Bandmotors, der Schlagzeugerin. Der Song: Ed Sheerans I See Fire. Hensel setzt sich schliesslich durch. Zum ersten Mal, denn: Sie übt erst seit einem knappen Jahr Trommeln – acht bis neun Stunden pro Woche.

Eigentlich spielte Susi Henschel schon lange mit dem Gedanken, Schlagzeugspielen zu lernen. Doch die 29-Jährige fühlte sich zu alt für etwas Neues. Bis ihr Freund sie dazu ermunterte: «Er schenkte mir pinke Drumsticks», lacht sie. Seitdem ist er – ein Schlagzeugstudent – ihr Vorbild. Keine weiblichen Vorbilder also? «Doch», sagt Henschel, «Anika Nilles und Hannah Ford mag ich, aber ich möchte mich nicht festlegen».

Männerlastig oder Femalefronted

Henschel probt mit ihren drei Bandkolleginnen Jacoba Van der Linde, Tabea Kählin und Sabrina Müller für das Konzert am Samstag. Dann spielt «Hashtag», so nennt sich die Formation, im Rahmen der Female Bandworkshops von «Helvetiarockt» im Musikzentrum am St.Galler Hauptbahnhof ihr Abschlusskonzert.

«Female», ja warum eigentlich? «Die Musikszene ist oft männerlastig», sagt Projektleiterin Barbara Balzan. Reine Frauenbands gebe es selten. Bei einer Frontfrau heisse es gleich «Femalefronted», so Hensel. Die Wahrnehmung des Geschlechts vor dem musikalischen Talent, also. Damit hätten viele Frontfrauen zu kämpfen. Als Beispiel nennt sie Floor Jansen von Nightwish.

Zickenalarm?

Für erste Band- und Studioerfahrungen will das Projekt «Helvetiarockt» jungen Frauen schweizweit eine Plattform bieten. In diesem Rahmen seien sie unter sich und könnten ihre Schüchternheit überwinden, sagt Balzan. «Zickenkriege kenne ich gar nicht», sagt sie. Im Gegenteil: Es entstehe eine Art weibliche Dynamik, ein respektvoller und feinfühliger Umgang – ein Miteinander.

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«Hashtag»: Sabrina Müller, Tabea Kählin, Jacoba Van der Linde und Susi Henschel (v. l.)

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An der Posaune: Jacoba Van der Linde

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Gesang: Sabrina Müller

Tatsächlich wird Kritik an den Proben eher sanft geäussert. Balzan weist etwa auf Verbesserungspotenzial hin, nicht auf Fehler – und das in einer angenehmen Stimmlage, eine, die motiviert. Von Schüchternheit ist bei «Hashtag» jedoch kaum etwas spüren. Selbstbewusst hält Sabrina Müller das Mikrophon in der Hand und steht vom Hocker auf, um bei Ellie Gouldings Version von Your Song für Gänsehaut zu sorgen. Unterstützt von Jacoba Van der Linde, die mit tiefen Posaunentönen den bei «Hashtag» den Bass macht.

Fehlender Austausch

Ob nun schüchtern oder nicht: «Helvetiarockt» sei ein guter Start für junge Musikerinnen, findet Hensel. Sie würde mehr Frauen in der Musik begrüssen. Im Allgemeinen sei die Gleichberechtigung immer wieder ein Thema, trotzdem sieht sie sich nicht als «extreme Feministin». «Das Ampelmännchen darf ruhig ein Männchen bleiben», sagt Henschel.

Schade, dass das Projekt etwas den Eindruck erweckt, dass es willentlich den Austausch vermeidet – und so einen selbstbezogenen Ansatz wählt, statt sich bewusst mit der Genderthematik auseinanderzusetzen. Dennoch steht ausser Frage, dass «Helvetiarockt» jungen Frauen den Einstieg in die Musik ermöglicht.

 

Abschlusskonzert der Ostschweizer Female Bandworkshops:
Samstag, 2. Mai, 19.30 Uhr, Musikzentrum, Bahnhofplatz St.Gallen.

Weitere Infos: helvetiarockt.ch, femalebandworkshops.ch, klubschule.ch