Rezepte gegen das fehlende Glück
Wie kann man trainieren, dass ein Schuss ins Tor trifft – und nicht ein paar Zentimeter daneben?

Goran Karanovic verfehlte gegen den FC Zürich das Tor gleich mehrmals oder scheiterte am Goalie. Wie schon gegen Aarau. Marco Mathys kam in der zweiten Halbzeit etwa elf Meter vor dem Tor an den Ball und schoss weit darüber. Der FC Zürich schaffte es kaum je bis in den St.Galler Strafraum und gewann trotzdem.
Was lief schief?
Das eine Problem ist, dass im Moment nur zwei St.Galler Spieler torgefährlich sind: Karanovic und Mathys.
Doch das war nach dem Spiel nicht das Thema.
Es gab die nach solchen Niederlagen übliche Erklärung. Sie lautete: Es fehlte die Effizienz.
Gemeint ist die Fähigkeit, die wenigen Chancen, die sich in einem solch engen Spiel ergeben, auch zu nutzen. Konkret bedeutet dies, dass der Ball nicht ein paar Zentimeter neben dem Pfosten, sondern im Tor landen sollte.
Der Unterschied zwischen einer vergebenen und einer genutzten Möglichkeit liegt damit in einer um Millimeter veränderten Haltung des Fusses bei der Schussabgabe. Oder bei einem nicht wahrnehmbar höheren Absprung für einen Kopfball. Vielleicht wäre auch ein besser oder schlechter aufgepumpter Ball wegen des veränderten Drehmoments ins Tor geprallt, statt ins Aus.
Kann man Effizienz trainieren?
Jeff Saibene beantwortete die Frage nach dem Spiel: Natürlich übe man oft Abschlusssituationen, aber die Effizienz, die könne man kaum trainieren. «Manchmal landen die Bälle ins Tor und man weiss nicht wieso, manchmal klappt es nicht und man weiss ebenfalls nicht wieso. So ist das im Fussball.»
Er hätte auch sagen können: Manchmal hat man Glück, manchmal nicht.
Vielleicht geht es aber eher um Themen wie Sicherheit und Selbstvertrauen.
Die mangelnde Effizienz war schon vor rund einem Jahr ein Thema, nachdem der FC St.Gallen zuerst im Cup gegen Aarau ausschied, dann in Sion verlor und sich eine negative Serie fortsetzte, die am Ende der Vorrunde begonnen hatte. Doch dann traf Scarione gegen Luzern gleich dreimal und alle Diskussionen verstummten.
Die gleiche Situation anfangs der aktuellen Saison: Der FC St.Gallen startete mit einer Heimniederlage gegen GC (0:2) und verlor in Thun (3:2). Danach folgte ein 1:0-Sieg in Sion und ein 1:1 gegen Basel. Wenn man die Spielberichte nachliest, war immer wieder von vergebenen Chancen die Rede. Das nächste Spiel war ein 2:0 gegen Lausanne. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der FCSG in fünf Spielen nur sechs Treffer erzielt. Dafür gehörte die halbe Mannschaft zu den Torschützen: Keita, Mathys, Montandon, Janjatovic, Karanovic und Besle. Es brauchte danach die beiden Spiele gegen Spartak Moskau, damit der FC St.Gallen wirklich in Fahrt kam. Das Beispiel heisst Karanovic: Den beiden Toren in Moskau liess er drei Tage später drei weitere Treffer gegen Luzern folgen.
Ein effizienter FC St.Gallen gegen Luzern:
Die Schlussfolgerung: Beim Rückrundenstart 2013, wie auch in dieser Saison geriet der FC St.Gallen in eine kleine Krise. Es brauchte den Exploit eines Spielers oder der ganzen Mannschaft, um das Tief zu überwinden. Sobald dies geschafft war, galt der FC St.Gallen wieder als äusserst effiziente Mannschaft – ohne dass sich an der Spielanlage irgendetwas geändert hätte.
Man könnte auch so zusammenfassen: Es brauchte zuerst das Glück (für einen Exploit), dann kam das Selbstvertrauen zurück – und schliesslich die Effizienz.
Trainieren kann man dies tatsächlich nicht.