Das Ausstellungsformat Heimspiel schafft alle drei Jahre eine Plattform für regionale Kunstschaffende aus den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden, Glarus, St.Gallen und Thurgau sowie dem Fürstentum Liechtenstein und Vorarlberg. Heimspiel rückt diese Kunstschaffenden ins Rampenlicht und ermöglicht ihnen, ihre Arbeiten in renommierten Kunsthäusern auszustellen. Für viele wäre das ohne dieses Format nicht möglich.
Nach drei Jahren ist es im Dezember wieder soweit: Es ist Heimspiel-Saison. Das Ausstellungsformat zeigt an fünf Ausstellungsorten die Arbeiten von Kunstschaffenden aus sieben Ländern und Kantonen.
Auch für die Kunsthäuser ist Heimspiel in mehrfacher Hinsicht produktiv und grenzüberschreitend. Es fördert den Austausch zwischen den Institutionen sowie die Zusammenarbeit der Häuser mit verschiedenen Kunstschaffenden. Diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit sei gerade in Zeiten aufkeimender Nationalismen wichtig, betont Stefanie Hoch vom Kunstmuseum Thurgau.
Insgesamt haben sich 476 Kunstschaffende für das Heimspiel beworben. Die Dossiers wurden sorgfältig geprüft, 75 Positionen ausgewählt. Diese werden in fünf individuell kuratierten Ausstellungen in Arbon, Dornbirn, Glarus und St.Gallen gezeigt.
Industrie und White Cube
In der ehemaligen Webmaschinenhalle im Werk2 zeigt das Kunstmuseum Thurgau die Ausstellung «Der Stoff, aus dem die Gegenwart besteht». Verwoben mit der Architektur der Halle thematisiert die von Stefanie Hoch kuratierte Ausstellung, was Kunstschaffende als Teil unserer Gesellschaft bewegt: Krieg, Wasser, Klimawandel, Identität.
Ebenfalls in einer alten Industriehalle angesiedelt ist der Kunstraum Dornbirn. «Ort und Raum» lautet der Titel der Ausstellung, die der Kurator Thomas Häusle in der 11 Meter hohen, lichtdurchfluteten Halle präsentiert. Die Werke von vier Kunstschaffenden treten hier in einen produktiven Dialog mit dem Ausstellungsraum und verhandeln die Beziehung und Funktionalität von Räumlichkeit.
Im Kunsthaus Glarus reduziert Melanie Ohnemus die räumliche Intervention mit der Kunst und bespielt einen White Cube. Die Ausstellung «Gestalt» lässt das Publikum in einen sphärischen Zwischenraum eintauchen, in dem Realität und Fiktion oszillieren.

Riesenschlange aus Fichtenholzschindeln: Untitled Creep von Luka Berchtold. (Bild: pd)
Überfluss und Sammelbecken
Die Kunsthalle St.Gallen zelebriert in «Uncanny Unchained: The Power of Weird» das Absonderliche, Seltsame, Wunderliche und Bizarre. Ein inszenierter Überfluss von entfesselten Kuriositäten, der irritieren und gleichzeitig anregen soll, das Konzept von Normalität zu hinterfragen. Weird wird in der von Barbara Kiolbassa kuratierten Ausstellung zur Selbstbezeichnung und gewinnt dadurch eine rebellische Kraft.
Nicht Überfluss, sondern ein Sammelbecken erschafft die Ausstellung «La Reservoir» im Kunstmuseum St.Gallen, so Kurator Lorenz Wiederkehr. Die Ausstellung versteht sich als immersiver Raum für Ideen und Impulse, die Normen hinterfragen und zum Nachdenken anregen. Dabei verweist bereits der bewusst falsche Artikel im Ausstellungstitel auf die Relativität von Bedeutungen.
Verbindung – Inklusion – Transparenz – Vielfalt
In dieser Heimspiel-Saison gibt es laut Philipp Kuhn, Leiter des Kulturamtes des Kantons Thurgau, einige Neuerungen. Um den dezentralen Charakter des Ausstellungsformats zu überwinden, schlagen zwei Bustouren Brücken zwischen den Ausstellungsorten und animieren das Publikum verschiedene Häuser zu besuchen. Ansätze gelebter Inklusion sind zwei Tandem-Führungen mit dem Verein «Kultur für alle», der sich für die Zugänglichkeit von Kultur für Menschen mit Behinderung einsetzt.
An zwei Wochenenden öffnen über 150 Kunstschaffende ihre Ateliers und geben persönliche Einblicke in ihr Schaffen. Zudem können im Ausstellungsraum AUTO in St.Gallen die eingereichten Dossiers über ein interaktives Schaufenster rund um die Uhr durchgeblättert, verglichen und diskutiert werden. Begleitet wird Heimspiel von einem vielfältigen Rahmenprogramm mit rund 50 Veranstaltungen. Im Fokus steht immer die Vermittlung und der Dialog zwischen den Kunstschaffenden und dem Publikum.