Rausch oder Leere?

«Am eigenen Leib» ist der Titel des «Hybrids aus Veranstaltung und Ausstellung», wie der Konstanzer Jeremias Heppeler sein Projekt umschreibt: «Wir haben in Absprache mit Richard Tisserand dieses merkwürdige Format gewählt, das es normalerweise so nicht im Kunstraum gibt. Es ist nicht Fisch und Fleisch oder halt beides.»
Mit sich meint er auch seinen Vater Christof Heppeler, der als Musikwissenschaftler für den Sound zuständig ist. Der «Hybrid» besteht aus bewegten Bildern in drei Filmen, Live-Konzerten und einer Lesung: «Die Texte sind von mir und meinem Vater – eigentlich steht der Text immer im Zentrum meiner Arbeiten. In diesem Fall ist es eine Mischung aus neuen Texten und alten Fragmenten, die sich alle genau um dieses Thema des Überschusses drehen», sagt Jeremias Heppeler.
Alle Medien durch den Fleischwolf und zur Wurst gepappt
Die Texte basierten oft auf Zitaten. «Die werden verfremdet und weiter durch den Textwolf gedreht.» Diese Fragmentierung findet zudem wiederum im Film statt. «Das ist also eine Art Doppelung und Rückkopplung. Ganz ähnlich funktioniert es mit der Musik», sagt Heppeler.
Auch hier gebe es viele Zitate und Rückveränderungen auf Künstler wie die Einstürzenden Neubauten oder den Musikstil Krautrock. «Im Endeffekt ist also Text und Musik und Bild und Film alles einem unkonkreten Diskurswirbel unterworfen, sodass sich das im Verlauf parallel schält», erklärt der Künstler sein transitorisches Werk.
Vergangenes Jahr erhielt er den Förderpreis der Stadt Konstanz und ist aktiv unterwegs in der Kulturregion, so auch im Rahmen des Konziljubiläums mit der Fragestellung «Woran glaubst du?». Die Ergebnisse von diesen Gesprächen und Gedanken zur Glaubensfrage verarbeitete er 2017 zum Film Allein mir fehlt der Glaube.
Der Inhalt ist zweitrangig
Die drei Filme, die jetzt im Tiefparterre zu sehen sind, drehte Heppeler ganz frisch über die Ostertage. Sie laufen immer parallel zueinander. Trotz der Osterzeit haben sie nichts mit dem Thema Glauben zu tun. Auch geht es ihm nicht um Inhalte, vielmehr um Reizüberflutung, den Überschuss von Eindrücken und Information.
«Mich interessiert der Zustand, in dem man erfasst, dass man nicht mehr allem folgen kann», sagt Heppeler. «Empfindet man dann einen Rauschzustand oder eine Leerstelle?»
«Am eigenen Leib»:
13. bis 15. April, Tiefparterre, Kunstraum Kreuzlingen
Neben den Filmen und Soundexperimenten findet am Freitag ab 19.30 Uhr ein Konzert mit der Band Die Hunde und Boris Petrovsky, Drummer bei Krautfass 3000 statt. Sie verstärken die Geräuschkulisse noch zusätzlich. Am Samstag ab 16 Uhr werden Texte und Textfetzen in Form einer Lesung vorgetragen: «Angesichts der im Kreis gefangenen Zeit». Am Sonntagmorgen soll der Prozess dann allmählich greifbar werden, im «Ritual ohne Teilhabe», das um 11 Uhr startet.
Dabei geht es Heppeler weniger um das Endprodukt dieses kreativen, über drei Tage andauernden Prozesses, wie er sagt. Aber vielleicht um die zahlreichen Nebenprodukte, die beim Dekonstruieren und Destruieren entstehen?