Punkt 8: Glücklich überbrückt
Die Ostschweiz ist, wenn man vom Thurgau und vom Rheintal einmal absieht, das Land der Höger und Tobel. Landschaftlich ein Glück, verkehrstechnisch ein Ärgernis – vor allem wenn man zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs ist. Dass es auch anders ginge, beweist die Brücke über das Sittertobel nach Stein AR. Schon 1933 gebaut, hat sie es sogar zu literarischen Ehren gebracht – Peter Liechti kommt im seinem Marschtagebuch Lauftext von einer seiner Alpsteintouren am Ende «zur sogenannten Ganggeli-Brücke, die das Land direkt mit der Stadt verbindet: eine äusserst filigrane Brücke, unheimlich hoch und unheimlich lang. Überall am Geländer sind Schilder angebracht; die Lebensmüden werden aufgerufen, doch unbedingt die rote Telefon-Nummer zu wählen, bevor sie springen. Tatsächlich liegt eine schwer zu fassende Schwermut über dieser Schlucht…».
Die Brücke selber aber ist das Gegenteil von Schwermut: Geradezu übermütig schwingt sie sich über die Schlucht und macht vor, was auch anderswo sinnvoll wäre. Zum Beispiel von St.Gallen nach Untereggen: Der Plan ist nicht neu, im Agglomerationsprogramm 3 der Regio wird er aber neu lanciert. Bloss 3,5 Millionen für 170 Meter Brücke, zwei Pylonen, seilverspannte Konstruktion vom Falkensteig hinüber zur Kantonsstrasse: Das wäre, haben die Ingenieure ausgerechnet, um ein Vielfaches billiger als teure Rad- und Gehweg-Erweiterungen im rutschigen Goldachtobel. Für Arbeitspendlerinnen wie für Sonntagsausflügler wärs ein Traum. Und wenn erst einmal das Brückenfieber ausgebrochen ist, findet man noch Dutzende weiterer Stellen, über die Urnäsch, im stotzigen Appenzeller Vorderland, über die Thur oder, mein persönlicher Hoffnungsbrückenträger, über den Bruderbach in Trogen.
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