Preise für die Unermüdlichen

Der wichtigste Theaterpreis der Schweiz geht an den Choreografen und Zirkuskünstler Martin Zimmermann. Einen der weiteren Preise der Darstellenden Künste erhält der St.Galler Kabarettist Manuel Stahlberger.
Von  Peter Surber
Martin Zimmermann erhält den Theater-Grand Prix (Bild: Charlotte Krieger)

«Mit jedem Schritt riskieren die Tänzer*innen Kopf und Kragen und suchen dennoch unermüdlich ihren Weg durch das Geschehen.» Der Satz klingt wie vom Berufsberater, als Kurzcharakteristik für künstlerische Berufe überhaupt – immer auf der existentiellen Kippe, trotzdem immer an der Arbeit und auf dem Weg…

Der Satz steht aber ganz woanders: in der Ankündigung des Tanzstücks Wonderful World, das am Theater St.Gallen Ende April 2022 uraufgeführt wird. Spielort wird die Lokremise St.Gallen sein, Spielfläche ein instabiler Bühnenboden, der auf alle Seiten kippen kann. Die Choreographie teilen sich der St.Galler Tanzchef Kinsun Chan und der Choreograf und Zirkuskünstler Martin Zimmermann.

Kinsun Chan und Martin Zimmermann. (Bild: pd)

St.Gallen hat mit dem Projekt, das im Rahmen des Festivals Steps entsteht, eine gute Nase gehabt – denn Zimmermann erhält jetzt den Grand Prix Theater, die höchste Theaterauszeichnung der Schweiz, wie das Bundesamt für Kultur diesen Donnerstag mitgeteilt hat.

«Tragikomisches Universum»

Martin Zimmermann, geboren 1970, aufgewachsen in Wildberg ZH, schloss nach einer Lehre als Dekorationsgestalter in Zürich 1995 eine Ausbildung an der Hochschule Centre National des Arts du Cirque (CNAC) in Paris ab. Zimmermann erfinde seit über 20 Jahren «ein visuelles Theater, das in kaum eine Schublade passt», schreibt die Jury.  «Martin Zimmermann entwickelt skurrile Bühnenwelten und inszeniert darin seine fragilen Figuren und bizarren Objekte. Wenn er nicht selbst mitspielt, lässt er seine Tänzerinnen, Schauspieler und Artistinnen zu Komplizen seines tragikomischen Universums werden.» Im August hatte Zimmermanns jüngstes Werk Danse Macabre Premiere am Zürcher Theater Spektakel.

Der Schweizer Grand Prix Darstellende Künste wird dieses Jahr erstmals unter diesem Titel verliehen. Er setzt die Tradition des seit 1957 von der Schweizerischen Gesellschaft für Theaterkultur (SGTK) verliehenen Hans-Reinhart-Rings fort und ehrt eine Persönlichkeit oder Institution. Die Preissumme beträgt 100’000 Franken.

Ehre für Stahlbergers «eigenwilligen Stil»

Ausserdem werden zwei Tanzpreise, sechs Theaterpreise, ein interdisziplinärer Preis, zwei Produktionspreise sowie ein Newcomer Prize an Personen oder Institutionen vergeben. Die beiden eidgenössischen Jurys für Tanz und Theater setzen mit ihrer diesjährigen Auswahl gemäss dem Bundesamt für Kultur «auf eine aktuelle Generation von Kunstschaffenden im mittleren Lebensalter, die Hartnäckigkeit beweisen und damit eine wichtige Rolle in der aktuellen Situation und für die Zeit nach der Covid-Krise haben».

Dazu gehört auch der St.Galler Kabarettist, Musiker und Zeichner Manuel Stahlberger. Im Rahmen der Schweizer Theaterpreise war er bereits 2016 für den Schweizer Kleinkunstpreis nominiert gewesen. «Sein eigenwilliger Stil zeichnet sich durch eine feine und einfallsreiche Gesellschaftskritik aus», schreibt die Jury der Theaterpreise.

Manuel Stahlberger. (Bild: BAK/Charlotte Krieger)

Stahlberger, Erfinder und langjähriger Zeichner der Saiten-Figur Herr Mäder, tourt aktuell mit seinem Soloprogramm Eigener Schatten; in der Region tritt er am 11. September am Neustart-Festival auf, am 17. September im Rathaus Lichtensteig.

Die weiteren Preise im Betrag von jeweils 40’000 Franken erhalten Nicole Seiler, das Ballet Junior de Genève, die beiden Urban Dance Festivals Groove’N’Move und Breakthrough, Mathieu Bertholet, Tanya Beyeler, fleischlin/meser, Joël Maillard und Antje Schupp. Zudem werden die Theaterproduktionen LUMEN von Jasmine Morand und Der Mensch erscheint im Holozän von Alexander Giesche und Mirjam Gurtner ausgezeichnet.

Verleihung im neuen Théâtre du Jura

Ab diesem Jahr werden die Theater- und Tanzpreise unter dem Titel Schweizer Preise Darstellende Künste zusammengeführt und jährlich im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung verliehen. Die Preisverleihung findet dieses Jahr im neuen Théâtre du Jura in Delémont statt. Das Theater mit 450 Plätzen wird am 8. Oktober offiziell eröffnet. Die Preisverleihung wird auch auf den Websites schweizerkulturpreise.ch/remiseprixscene, arttv.ch und spectyou.com gestreamt.