Pauline will nicht warten
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«Die Klimawahl ist keine Wahl, die wir ignorieren können. Es gibt wohl nichts Ignoranteres als die Klimakrise zu ignorieren», meinte die 17-jährige Klimaaktivistin Pauline Lutz aus Basel: «Wir wollen Regierungsverantwortung».
«Der Bundesrat gefährdet das Recht auf Leben»
Schriftsteller Franz Hohler befürchtete: «Wenn der Sitz im Bundesrat, der den Grünen ohne Wenn und Aber zusteht, endlich von einer grünen Bundesrätin besetzt wird, bin ich im Altersheim. So lange möchte ich einfach nicht warten, und Mutter Erde sicher auch nicht.»
Oda Müller, Vorstandsmitglied der Klima-Seniorinnen, erinnerte an die gerichtliche Klage ihrer Organisation gegen den Bundesrat, weil dieser zu wenig unternehme, das Klimaziel von Paris zu erreichen. Damit gefährde er das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Unversehrtheit und das Recht auf Leben.
Schriftstellerin Ruth Schweikert blickte aus der Zukunft auf die überraschende Wahl der grünen Bundesrätin zurück: «Es setzte sich die Einsicht durch, dass die Klimafrage keine Glaubensfrage war, sondern die Auswirkungen des menschenverursachten CO2-Ausstosses längst wissenschaftlich belegt; dass die Erhöhung des Meeresspiegels, das Artensterben, Klimaflüchtlinge, die Zunahme von Wetterextremen auch jene treffen würden, die 2019 noch nicht an sie glaubten. Mit anderen Worten: Es setzte sich die Vernunft durch.»
Weitere Statements gaben die Schriftstellerin Melinda Nadja Abonji und der Musiker Matthias Mueller ab.
Den Appell organisiert hatten der Autor Guy Krneta und der Historiker Stefan Keller. «Klima und Artenvielfalt können nicht warten, bis eine neue Zauberformel gefunden ist», sagte Krneta einleitend. Deshalb gehörten die Grünen jetzt in den Bundesrat.
«Sie sind die Zukunft»
Und hier Stefan Kellers Schlusssätze an der Medienkonferenz:
«Als Historiker bin ich für die Fehler der Vergangenheit zuständig. Für die gewaltigen Irrtümer und Verbrechen, die in zurückliegenden Jahrzehnten und Jahrhunderten viele Millionen von Menschen erniedrigt, in ihrem Leben geschädigt oder ihnen das Leben geraubt haben.
Als Historiker urteilen wir hart über die Fehler der Vergangenheit, und wir sind uns bewusst, dass man über uns auch einmal hart und unbarmherzig urteilen wird. Die Geschichte betrachten wir deshalb als wichtig, weil sie uns an unsere Verantwortung in der Gegenwart erinnert.
Als ich vor einigen Monaten meine kleine, neunjährige Nichte und den achtjährigen Neffen hütete, weil die Eltern abends ausser Haus waren, sagte mir die Nichte beim Zähneputzen so schräg über die Schulter: Ich gehe übrigens morgen an die Klimademo. Und letzte Woche haben wir gestreikt. Ich glaube, sie beobachtete meine Reaktion.
Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, dass es eine Klimademo gab am nächsten Tag. Ich ging also nachhause und sagte zu meiner Frau: Unsere Nichte geht an die Klimademo, und letzte Woche hat sie in der Schule gestreikt. Wir müssen etwas unternehmen.
Man kann darüber lächeln, lächeln ist immer gut, aber ich habe den grössten Respekt vor den jungen Leuten, die uns auf das Problem der Klimakatastrophe aufmerksam machen und dieses Problem nicht einfach hinnehmen wollen. Sie sind die Zukunft, und ich bin die Geschichte. Sie sind die Zukunft, und die heutige Bundesversammlung ist die Vergangenheit. Sie werden über uns urteilen und darüber, was wir gemacht haben, als wir sahen, dass die Erde in weiten Teilen unbewohnbar zu werden drohte.
Tun wir etwas. Nehmen wir unsere historische Verantwortung ernst. Tut etwas. Nehmt Eure historische Verantwortung ernst. Ob im Bundeshaus oder anderswo. Setzen wir uns durch.»