Patt in der Stadt

Für die Nachfolge des verstorbenen Nino Cozzio gibt es einen zweiten Wahlgang: Alle fünf Kandidierenden blieben klar unter dem absoluten Mehr. Die grünliberale Sonja Lüthi ist CVP-Mann Boris Tschirky auf den Fersen. Der 20-jährige Juso Andri Bösch erhielt 2255 Stimmen: nicht schlecht, sagt er.
Von  Redaktion Saiten

9976 Stimmen wären nötig gewesen, um bereits im ersten Wahlgang St.Galler Stadtrat zu werden. CVP-Bewerber Boris Tschirky überzeugte aber nur 6872 Wählerinnen und Wähler. Die grünliberale Sonja Lüthi, unter anderem von der SP unterstützt, kam ihm mit 5844 Stimmen bemerkenswert nahe. Mit grossem Abstand dahinter rangieren Jürg Brunner (SVP) mit 3133 Stimmen, Andri Bösch (Juso) mit 2255 und Ingrid Jacober (Grüne) mit 1769 Stimmen.

Zählt man die (rechts-)bürgerlichen Stimmen von Tschirky und Brunner und die grünen, linken und halblinken von Jacober, Bösch und Lüthi je zusammen, kündigt sich ein knapper zweiter Wahlgang an: Beide «Lager» kommen auf rund 10’000 Stimmen, mit leichtem Vorteil für rechts.

Das Resultat des ersten Wahlgangs zeigt, dass Tschirky die bürgerlichen Wählerinnen und Wähler gespalten hat – viele schätzten ihn offensichtlich als zu konservativ und zu hemdsärmlig ein und wählten stattdessen Sonja Lüthi, die Stimmen weit über den sonst kleinen Kreis der grünliberalen Wählerschaft hinaus gemacht hat.

Kaum über ihre je eigenen Anhänger hinaus mobilisiert haben dagegen Ingrid Jacober von den Grünen und Jürg Brunner von der SVP.

«Wir konnten die Debatte nach links ziehen»

Zwischen den beiden plaziert sich Andri Bösch. Er hatte sich im Wahlkampf viel Respekt erworben – ist das jetzige Resultat eine Enttäuschung?

«Nein», sagt Bösch. «Wir konnten immerhin knapp zwölf Prozent der Wählerinnen und Wähler überzeugen. Für Juso-Verhältnisse ist das ein ziemlich gutes Resultat. Wir haben viel erreicht im Wahlkampf und konnten die Debatte nach links ziehen, auch wenn man das an den nackten Zahlen jetzt nicht unbedingt sieht. Und wir haben gezeigt, dass auch Junge in der Politik mitmischen können, dass es sich loht, aufzustehen und seine Meinung zu vertreten – was ich natürlich auch weiterhin tun werde.»

So hatte der Juso-Wahlkampf angefangen.

Ob er im zweiten Wahlgang nochmals antritt, will Bösch am Sonntagnachmittag noch nicht verraten. «Zuerst werden wir feiern, morgen schauen wir weiter.»

«Nicht belohnt für super Wahlkampf»

Der städtische SP-Parteipräsident Peter Olibet sieht Böschs Resultat mit etwas anderen Augen. Er hätte sich für ihn ein besseres Resultat gewünscht. «Andri hat einen super Wahlkampf hingelegt, leider wurde er dafür nicht belohnt», sagt er auf Anfrage. Sonja Lüthis Resultat hingegegen stimmt ihn zuversichtlich: «Unsere Basis wollte mit ihrer Empfehlung einen Stadtrat Boris Tschirky verhindern, im ersten Wahlgang ist uns das ganz gut geglückt.»

Jetzt müsse man die zweite Runde abwarten – die «extrem knapp» werde, sollte es zu einer Stichwahl Tschirky-Lüthi kommen.