Pariser verteilend durch Slums ziehen

Es ist lobenswert, dass sich derzeit offenbar so viele Menschen Sorgen um die Welt machen. Allerdings sollten systemische Fragen im Zentrum stehen, wenn das wirklich ernst gemeint ist, und nicht die Babys in den Drittweltländern.
Oder Fragen wie: Ist es wirklich so abwegig zu fordern, dass man den Lebensstil der Weltbevölkerung anpassen muss, statt diese zugunsten eines überprivilegierten Standards mit einer «erlaubten Anzahl Menschen» zu kontingentieren? Kann mal jemand erklären, wieso Ecopop nicht dem Machterhalt dient?
Falls nämlich die Welt tatsächlich so pumpenvoll ist, wie die Ecopopper stets beklagen, ist dem ohnehin zuallererst mit ernst gemeinter Bescheidenheit reicherseits beizukommen.
Machtinstrumente
Angesichts der ökologischen Abdrucke hier und anderswo hat die Wendung «auf grossem Fuss leben» definitiv eine ziemlich perverse Tragweite angenommen. Da drängt sich die Frage auf, wieso sich die Schweiz das Recht herausnehmen soll, ausgerechnet dort Pariser zu verteilen, wo all die seltenen Erden, Diamanten, Früchte und Edelhölzer herkommen, die ihren gehobenen Lebensstil garantieren.
Wie kommt man auf die Idee, dass es okay ist, haufenweise Rohstoffe aus Konfliktgebieten zu verschleudern, während man durch die Slums dieser Welt zieht und von ihren Bewohnern Enthaltsamkeit fordert? Sind denn die Kinder das Problem oder sind es nicht vielmehr die Erwachsenen mit ihrer mangelnden Bereitschaft, für faire Verhältnisse zu sorgen?
Das Märchen von der «parasitären Masse», die angeblich so unkontrolliert drauflos gebiert, wenn man sie nicht im Griff hat, erinnert mehr an die Zwangskastrationen von anno dazumal als an die ethische Verantwortung, die stets als Begründung für Ecopop herhalten muss. Wer’s glaubt. Gratis-Gummis und Baby-Quoten für Arme sind Machtinstrumente herrschender Minderheiten, ein taktischer Coup zur Legitimation ihrer Exzesse. So wälzt man die Folgen einer verantwortungslosen Mentalität auf jene ab, die von ihr ausgebeutet werden. Das stinkt zum Himmel.
(Genau wie die sogenannte Ein-Dollar-Spritze, die bald in den 69 weltärmsten Ländern verkauft werden soll. Alles für die Frau, schon klar. Wer kann belegen, dass es dabei nicht darum geht, die Migration aus ärmeren Ländern grundsätzlich einzudämmen und die dortige Bevölkerung nachhaltig zu dezimieren?)
Die Dynamik öffentlicher Diskurse
Ecopop ist noch einen Zacken perfider. Mit der Zuwanderungsquote wird man nämlich auch gleich die bereits Geborenen los. Nicht die Spitzenkräfte, nein, sondern jene, die die Eidgenossenschaft mit ihrer wilden Chindlimacherei und dem ständigen Bedürfnis nach sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Teilhabe an der Selbstfindung hindern.
Selbst die Initiativgegner – vorausgesetzt sie argumentieren nicht wie sonst immer: dass die Märkte eine Beschränkung in diesem Mass einewäg nicht zuliessen – lassen sich dazu verleiten, die angebliche «Bedrohung durch Zuwanderung und globale Bevölkerungsexplosion» als Fakt anzuerkennen. Damit machen auch sie Unbeteiligte für hausgemachte Probleme (sofern es denn welche sind) verantwortlich.
Es scheint, als müsse man sich auf dieses Zugeständnis einlassen, um im öffentlichen Diskurs überhaupt eine Chance gegen Ecopop zu haben. Wer das nicht tut, wird als Demokratie-Feind beschimpft, vor allem jene, die Ecopop als neokolonialisitische oder rassistische Initiative bezeichnen. Klar ist es scheisse, seinen Wählern sagen zu müssen, dass nicht irgendwelche Gebärmütter, Scheinflüchtlinge und Sozialmafiosi Schuld sind am eidgenössischen «Dichtestress». Trotzdem ist es traurig mitanzusehen, dass diesem Narrativ nichts entgegengesetzt wird.
Schuld sind nicht die andern
Es wäre an der Zeit, sich einzugestehen, dass nicht die Menschen in Afrika all die Rohstoffe verbraucht haben, sondern die Menschen mit den Einfamilienhäusern, SUVs und Zweitwohnungen. Darum geht es nämlich bei Ecopop und artverwandten Überlegungen: anderen die Schuld zu geben. Es ist ein letztes Aufbäumen für einen letzten Rest Überlebenszeit, bevor die irdischen Ressourcen zu Ende verschwendet sind.
Und dann gehts vermutlich erst richtig zur Sache. Die Chancen jedenfalls stehen schlecht, dass die letzten paar Barrel plötzlich in globaler Solidarität aufgeteilt werden, wenn das Öl dereinst ausgeht.