Palace: In Wahrheit alles noch viel schlimmer…
Im Jahr 2 der Finanzkrise, wo neuerdings ganze Staaten vom internationalen Kannibalen-Spekulantentum an die Wand gefahren werden, hat der hiesige Freisinn eines seiner Lieblings-Kulturthemen wieder entdeckt. «Achtung, linke Unterwanderung!», tönt es in einem parlamentarischen Vorstoss von FDP-Präsidentin Jennifer Deuel zum Palace. Die «Erfreuliche Universität» und «linke Zeitschriften» im Palace-Foyer ängstigen Frau Deuel offenbar mehr als die enthemmt wütenden Raubritter der Finanzwelt. Im Newsletter nehmen die Palace-BetreiberInnen nun unter dem Titel «Alles noch schlimmer» Stellung zu den Vorwürfen der FDP-Präsidentin:
«Sie vermutet linkspolitische Umtriebe im Palace. Auch wenn sie dabei nicht gerade treffsicher ist (so hat beispielsweise noch nie eine SP-Mitgliederversammlung im Palace stattgefunden), stimmt doch ihre Stossrichtung. Auch wir vom Betriebsverein Palace sind äusserst besorgt: Die linken Zeitschriften, welche Frau Deuel bei uns im Foyer entdeckt hat, sind erst der Anfang. In Tat und Wahrheit ist alles noch viel schlimmer. So wird das Palace nicht nur vermehrt für politische Veranstaltungen benutzt – auch das Musikprogramm ist emanzipativ auf Kurs: In der aktuellen Saison spielen hier vermehrt lesbische und schwarze Bands. Selbst wenn sich diese Musik neuerdings «queer» oder «hybrid» nennt, ist doch zweifelsohne erkennbar: Sie knüpft direkt an die historischen Befreiungskämpfe dieser Minderheiten an. Und damit nicht genug. Nächsten Dienstag kommt mit Bill Ayers erst noch ein angeblicher Terrorist zu Besuch. Zumindest sieht das Sarah Palin so. Ayers zählte in den Sechzigern zur Aktivistengruppe «Weathermen» und ist heute mit Barack Obama befreundet. Palin hat Obama deshalb im Wahlkampf beschuldigt, er unterhalte Kontakte zu Terroristen. Was uns aber am meisten Sorgen macht: Die Propaganda verfängt. Das Palace zieht immer mehr Leute an, gerade auch die Jugend. Sie sollte vor jeder Indoktrinierung geschützt werden. Frau Deuel schlägt deshalb eine Kürzung der Subventionen vor. Sicher am richtigen Ort. Man müsste sich einmal vorstellen, jemand würde das bei der mit Millionen subventionierten HSG fordern. Es wäre doch nichts als billige Polemik. Bleiben wir wachsam!»
Dem bleibt wenig hinzuzufügen. Ausser vielleicht die Tatsache, dass die FDP in diesem Land inzwischen zur «politischen Mitte» gezählt wird. Viele mit Jahrgang 1975 und älter erinnern sich, dass der Freisinn bis zur rechtspopulistischen Vorherrschaft des Milliardärs aus Herrliberg am äussersten rechten Rand positioniert war. Ein Glück ist zudem, dass wir den überflüssigsten Parlamentsvorstoss des Jahres bereits im Mai hinter uns haben.