Ostwind: Teurere Billette, keine Mitsprache
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Wer mit dem ÖV von der Agglo nach St.Gallen fahren will, zahlt bald deutlich mehr: In St. Gallen erfolgt auf den Fahrplanwechsel am 14. Dezember eine Bypass-Operation am Herzstück des Tarifverbund Ostwind (OTV), der Tarifzone 210. Diese umfasst die Stadt St.Gallen samt umliegender Agglo. Mit sieben unterschiedlichen Transportunternehmen ist die Tarifzone 210 die umtriebigste im Verbundgebiet. Nun wird sie auf die Stadtgrenzen geschrumpft und in die neue Ringzone 211 eingefasst.
Das hat bei den Einzelbilletten, Mehrfahrtenkarten und Multi-Tageskarten Preiserhöhungen von über 50 Prozent zur Folge. Wer aus der neu von 210 abgetrennten Ringzone (Mörschwil, Wittenbach, Abtwil oder Teufen) mit einem Einzelbillett ohne Halbtax nach St.Gallen fährt, zahlt Fr. 4.80 anstatt wie bisher Fr. 3.10. Eine Mehrfahrkarte zum vollen Preis kostet neu Fr. 26.40 anstatt Fr. 17.10. Die Kosten für Monats- und Jahresabonnemente bleiben vorerst gleich, weil die bisherigen Preise einer Doppelzone entsprechen.
Noch unklar ist, ob Veranstalter, die ihre Tickets mit ÖV-Inklusive verkauften, die Preise an die neuen Tarife anpassen werden. In der Ringzone liegen unter anderem die AFG Arena und das Cinédome.
Gemeinden zahlen, haben aber keine Mitsprache
Tarifanpassungen erfolgen auch bei anderen Zonen im Ostwind-Gebiet. Am gravierendsten sind sie aber klar in der Zone 210, wo auch am meisten ÖV-Benutzer betroffen sind. Ostwind ist eine Genossenschaft. Der Tarifverbund muss also nicht gewinnbringend arbeiten, sondern nur kostendeckend.
Der Verbund, der auf fünf Kantone verteilt ist und 26 Transportunternehmen umfasst, erzielte 2012 einen Gesamtumsatz von 124 Millionen Franken; rund 6 Millionen mehr als 2011. Entscheidungsorgan ist der Tarifbundrat, in dem die Kantone und Transportunternehmen, nicht aber die Gemeinden Einsitz haben. Obwohl sie rund 50 Prozent der Kosten bezahlen.
Zonen-Wirrwarr und demokratischer Bankrott
Der VCS wirft Ostwind «Zonen-Wirrwarr» vor. Er verlangt eine neue Art des Kurzstreckentarifs, der nun im Zuge der strukturellen Tarifmassnahmen zusammen mit den Lokalzonen abgeschafft werden soll. Das vorgesehene Ein-Zonen-Abonnement sei kein Ersatz, heisst es beim VCS. Er schlägt eine Alternative vor, wie sie auch andere Tarifverbunde praktizierten: Diese beschränken die maximale Kurzstrecke auf fünf bis sechs Haltestellen.
Viele Gemeinden im Verbundgebiet kritisieren, dass im Tarifbundrat nur die Kantone und Transportunternehmen, nicht aber die Gemeinden vertreten sind. Der scheidende St. Galler Stadtrat Fredy Brunner (FDP) bezeichnete im Parlament die Abwesenheit der Gemeinden im Ostwind-Entscheidungsgremium gar als «demokratische Bankrotterklärung».
Kantonaler Spardruck verteuert ÖV-Billette
Seitens Ostwind heisst es, dass die Zonenanpassungen durch den Spardruck des Kantons St. Gallen ausgelöst worden seien. Nun sollen jährlich rund vier Millionen Franken Mehreinnahmen erzielt werden. Mit der neuen Tarifstrategie werde zudem das Ziel verfolgt, einen höheren Nutzer-Deckungsbeitrag zu erzielen. Dies nach der Philosophie: Wer den ÖV beansprucht, soll auch mehr an die Kosten beitragen, um die Kantone und somit die Steuerzahler zu entlasten.
Zu den tariflichen Anpassungen heisst es bei Ostwind, dass die Verteuerung der Einzelbillette mit dem System zusammenhänge. Im Minimum müssten für eine Fahrt im Verbundgebiet zwei Zonen gelöst werden. Kunden, die aber durch mehrere Zonen reisten, würden von den Anpassungen auf den 14. Dezember preislich profitieren.
Die strukturellen Tarifmassnahmen seien nicht linear, sondern gezielt. Mit der Einführung des Verbundes seien bestimmte Destinationen sogar günstiger geworden. Beispielsweise koste die Fahrt von St.Gallen nach Kreuzlingen 30 Prozent weniger als vorher. Zudem hätten die Reisenden überall den Zonen-Nutzen. Sie könnten neben der Bahn auch das Busangebot in Anspruch nehmen und auf ihren Fahrten mehrmals umsteigen.