Ortner geht

War es der Druck aus Zürich oder der Druck der Fakten? Wohl beides. Tatsache ist, dass die vor einem Jahr lancierte «Ostschweiz am Sonntag» (OaS), die Sonntagszeitung des Tagblatt-Konzerns, nicht auf Kurs ist.
Das jüngste Sonntagsblatt im Land hat zu wenig Leser und zu wenig Inserate. Die Latte war hoch gesetzt: 90’000 Abonnenten seien nötig für den Erfolg, hiess es vor dem Start. Nur gut 60’000 sind es heute nach einem Jahr. Das ist zu wenig. Die Anzeigen machen kaum ein Viertel einer Ausgabe aus.
Beobachter fragten sich: Wie lange schaut das Mutterhaus NZZ noch zu? Jetzt ist es so weit: Der aus dem Vorarlberg an Bord geholte Blattmacher Christian Ortner geht. Er findet in der neuen Einheit «Projektbüro» Platz, wie aus einer Notiz in der Tagblatt-Ausgabe vom 14. April hervorgeht. Diese NZZ-Abteilung kümmert sich um die geplante Expansion nach Österreich. Dafür ist Ortner dank Landeskenntnissen gewiss nützlich. Bei der «OaS» übernimmt der stv. Chefredaktor Silvan Lüchinger das Ruder.
Warum kam das Blatt nicht auf Touren? Darüber darf spekuliert werden. Der Markt der Sonntagszeitungen ist gesättigt. Wer landen will, muss verdrängen. Der Slogan aus St.Gallen war: «Die Ostschweiz findet auch am Sonntag statt.» Findet aber am Wochenende genügend Interessantes statt? Interessiert in St.Gallen, was im Thurgau passiert? Und umgekehrt?
Sicher ist: Zu wenig Leute wollen lesen, was die «OaS» bietet. Das Blatt besticht zwar durch seine Aufmachung, hat aber zu wenig Biss. Knüller, von denen die Sonntagspresse lebt, blieben weitgehend aus. Ein richtiger Aufreger war jüngst nur die Story über die Honorarabzockerei von Ruth Metzler. Genügt das im Konkurrenzumfeld? Der Markt sagt Nein.
Das Rezept zur Remedur bleibt abzuwarten. Es muss tiefer greifen, denn die Stimmung in den Redaktionen ist gedämpft: Es werden Stellenprozente gestrichen, gleichzeitig wird Mehrarbeit verlangt. Das drückt auf die Motivation. Redaktoren ärgern sich, dass ein Budget für Texteinkäufe gar nicht ausgeschöpft wurde. Kommt dazu: In der NZZ-Zentrale sind jetzt ex-Leute von McKinsey am Drücker. Die «Meckies» haben vor allem mit dem Rotstift Übung. Doch mit Sparen allein ist es nicht getan.