Olma steht auf Elefanten

Drei Fussballfelder gross und zu einem wesentlichen Teil auf dem Autobahndeckel stehend: Die neue Olma-Halle 1 in St.Gallen fordert die Statiker heraus. Die Wände stehen auf «Elefantenfüssen» und werden wie eine Brücke, im Freivorbau, betoniert. Ein Baustellenrundgang.
Von  René Hornung
Die Wände sind als Hohlkasten ausgebildet. In der Trennwand zwischen Foyer und Halle ist der Hohlraum fast fünf Meter breit. (Bilder: René Hornung)

Siebentausend Quadratmeter zusätzliche Ausstellungsfläche wird die St.Galler Publikumsmesse Olma mit ihrer neuen Halle bekommen. Sie will den stützenlosen, 122 Millionen Franken teuren Neubau aber nicht nur für ihre zwei Messen pro Jahr nutzen, sondern für Grossveranstaltungen, Kongresse oder Konzerte vermieten. Bei einem Konzert fasst die Halle bis zu 12’000 Personen stehend, mit Bestuhlung 7’500 und für Bankette haben 4’800 Leute Platz – eine grössere Location gibt es in der ganzen Ostschweiz keine.

Den Projektwettbewerb haben Ilg Santer Architekten aus Zürich gewonnen. Die Realisierung ist ein statischer Kraftakt. Weil auf dem Autobahndeckel – er kostet weitere 41,6 Millionen Franken – keine grossen Lasten liegen dürfen, entwickelten die beigezogenen Ingenieure ein Tragsystem, das in zwölf Punkten die Kräfte in den Boden leitet.

Eine Hallenwand balanciert auf dem «Elefantenfuss» im Hintergrund.

Diese «Elefantenfüsse» sind als Hohlkasten ausgebildet. Bis zu fünf Meter breit, können sie die Haustechnik aufnehmen. Auf diese Füsse werden alle Aussenwände und die Trennwand zwischen Foyer und Halle gestellt, auch sie als Hohlkasten konstruiert.

Die Wände stehen also nicht auf dem Boden, sondern beginnen erst in rund 5 Meter Höhe. Sie werden über den «Elefantenfüssen» wie im freitragenden Brückenbau weiterbetoniert – in Elementen von je 5,2 Metern links und rechts. Die Wände werden so bis zu 50 Meter lang und balancieren auf diesen «Füssen». Erst später werden sie zu einem Ring geschlossen.

Die rohe Struktur bleibt in der Halle sichtbar.

14 Meter hoch wird die Halle innen zum Schluss. Die «Elefantenfüsse» werden auch in der fertigen Halle noch auffallen. Ihre dunkel eigefärbten Betonwellen werden bossiert – mit dem Hammer bearbeitet. Aus der grauen Oberfläche blinkt danach Marmor und Basalt hervor – ein rohes, ungeschliffenes Bild.

Modular im Innern

Nach oben abgeschlossen wird die grosse Halle mit einem filigranen und vergleichsweise leichten, sternförmigen Stahlfachwerk. Über dem Foyer ist es eine andere, eine Fischbauch-Konstruktion, in die die Büros eingebaut werden. Unter die Decken wird ein lineares Trägersystem gehängt, das die gesamte Technik aufnimmt und schliesslich mit Holz ausgefacht wird.

Auch die Einbauten in der Halle, Restaurants, Büros, Nebenräume etc. werden als Holzbauten hineingestellt, modular, flexibel, veränderbar. Die Halle bleibt damit auch für künftige Nutzungen anpassbar, so Architekt Marcel Santer an einer Baustellenführung.

Schnitt durch die künftige Halle. (Bild: Ilg Santer Architekten)

Als Fassadde bekommt die Halle im unteren Bereich eine Vollholzverkleidung, alles verzapft, nichts geleimt. Darüber aber wird der Beton mit den sichtbaren Verschalungen «roughness» zeigen. Auf dem Dach wird dafür nachts ein dezentes Lichtband sichtbar sein – «keine Disco-Beleuchtung», wie der Architekt betont.

Betonorgie mit Solarpanels

Ist diese «Betonorgie» angesichts der CO2-Problematik noch zu vertreten? Architekt Marcel Santer liess rechnen und kann einen Wert von 8,4 Kilo CO2 pro Quadratmeter Energiebezugsfläche nachweisen. Das ist besser, als es der SIA-Effizienzpfad Energie vorgibt. Viel weiter runter komme man bei einem solchen Grossbauwerk kaum, stellt er fest. Dank dem leichten Dach sei dieser Wert erreichbar. Das Dach wird darum nicht extensiv begrünt – wie im Projekt geplant –, denn das würde eine massivere Konstruktion verlangen. Stattdessen wird es mit Solarpanels bestückt.

Die St.Galler:innen werden mit der neuen Halle auch einen neuen öffentlichen Platz unterhalb der Rosenheimstrasse bekommen. Eine grosse Treppenanlage mit Brunnen wird dort frei zugänglich sein. Und auch die Verbindungen für den Fuss- und Veloverkehr über den Schellen- und Splügenweg werden wieder hergestellt.