Als im September 2020 die Neugestaltung von Marktplatz und Bohl im Zentrum der Stadt St.Gallen im dritten Anlauf von den Stimmberechtigten bewilligt wurde, war Stadtpräsidentin Maria Pappa, damals noch Vorsteherin der Baudirektorin, erleichtert. Doch jetzt, da das Baugesuch – noch bis zum Donnerstag – aufliegt, droht neuer Ärger zu altbekannten Themen. Vor allem die Marktpavillons stehen in der Kritik, während die technischen Sanierungen und ein neuer Belag nicht in Frage gestellt werden.
Als erster hatte sich Architekt Bruno Clerici gemeldet und die Stellung der Pavillons auf dem Marktplatz und die Höhe des Daches kritisiert: Die Bauten wirkten wie ein Riegel auf dem Platz und versperrten die Ost-West Sichtachse. So gehe eine flexibel nutzbare Freifläche verloren. Die Stadt brauche im Zentrum einen Freiraum für Grossveranstaltungen. Der Architekt weist darauf hin, dass in den Abstimmungsunterlagen von 2020 längsgestellte Pavillons am Rand des Platzes gezeigt wurden, mit einem bescheidenen Dach. Jetzt ist daraus ein bis zu sieben Meter hohes Glasdach geworden. Dieses werfe auch Fragen zu Schneelast, Reinigung oder Hitzeentwicklung im Sommer auf.
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In der Kritik: die geplanten Marktpavillons
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Bildmontagen: Heimatschutz SG/AI
Auch der Heimatschutz kritisiert die nun vorliegenden Pläne für die zwei Pavillons mit ihrem voluminösen Dach als «städtebaulich nicht verträglich» und verweist ebenfalls auf das Resultat des Wettbewerbs mit den bescheideneren Pavillons. Weil der aktuelle Vorschlag markant vom Wettbewerbsresultat abweiche, fordert er – gleich wie Architekt Bruno Clerici – die Pavillons vorerst zurückzustellen. Sie könnten bei entsprechender Vorinvestition auch nachträglich auf dem sanierten Platz errichtet werden.
Der Heimatschutz stellt auch Fragen zur Nutzung. Weil bisher dazu kein Konzept veröffentlicht wurde, könne nicht beurteilt werden, ob in den künftigen Pavillons auch wirklich marktfrische Produkte verkauft werden oder ob sich nur Imbissstände die Miete dort leisten können. Die Baukosten von sechs Millionen Franken führten zu kalkulatorisch sehr hohen Mieten. Dies hatten die Marktleute schon früh in der Planungsphase kritisiert.
Schliesslich bedauert der Heimatschutz, dass die Rondelle abgebrochen werden muss. Es gebe keinen politischen Willen, dieses neuneckige Unikat aus den 1950er-Jahren zu erhalten und ein neuer Standort habe sich nicht finden lassen. Der Massstabsprung von der Rondelle zu den aktuell visierten neuen Pavillons mit dem grossen Dach werde gewaltig.
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Die Rondelle heute. (Bild: rho)
Kritik am aktuell aufgelegten Projekt gibt es auch seitens des Naturschutzvereins und des Vereins Grünes Gallustal. Beide Organisationen setzen sich für den Erhalt möglichst vieler der bis zu hundert Jahre alten Linden und Platanen auf dem Marktplatz ein. Einer der mächtigsten Bäume müsse nur wegen der Pavillons und deren Dach gefällt werden und ein zweiter wegen des unterirdisch geplanten Regenwasser-Rückhaltebeckens. Hier brauche es bessere Lösungen, verlangen Naturschutzverein und Grünes Gallustal.
Weil die Einsprachefrist gegen das Marktplatzprojekt bei Redaktionsschluss noch lief, bleibt offen, ob weitere Punkte der Neugestaltung beanstandet werden. So war im Vorfeld lange über die Vor- und Nachteile der Verschiebung der Bushaltestelle Richtung Bahnhof vor die Häuserfassade auf der Nordseite des Marktplatzes diskutiert worden. Dort sind zwei neue Dächer als Wetterschutz vorgesehen, die in abgerundeten Formen mit Dachuntersichten aus Holz gebaut werden sollen.