Drei nackte Körper schweben unter Wasser. Umgeben von Luftblasen wirken sie schwerelos. Sie drängen vom dunklen Untergrund der Oberfläche entgegen – gleichzeitig scheinen sie still zu stehen. Die Szene wirkt surreal und anmutig, aber auch verletzlich.
Das Schwarzweiss-Foto ist Teil der Fotoserie «Origo» der Künstlerin Milena Schilling (*1996). In ihrem Kunstprojekt setzt sich die Fotografin mit der Beziehung zwischen Mensch und Wasser auseinander. Die gleichnamige Ausstellung ist vom 12. April bis zum 12. Juli in der Leica Galerie in Konstanz zu sehen.
Verbundenheit mit Wasser
Für ihr Kunstprojekt hat Milena Schilling im Zeitraum von drei Jahren 45 Menschen unter Wasser im Bodensee fotografiert. Daraus entwickelte sich die eindrucksvolle Fotoserie, die den menschlichen Körper in seinem ursprünglichsten Zustand zeigen soll: nackt und umgeben von Wasser.
Die Idee zum Projekt entstand nach einer Begegnung zwischen der Künstlerin und Buckelwalen. Deren Präsenz habe sie tief berührt, erzählt Schilling: «Ich fühlte mich in dem Moment dem Wasser verbunden und spürte so ein Urvertrauen. Diese Erfahrung, und meine grundsätzliche Faszination für Wasser motivierten mich dazu, meine Idee in die Wirklichkeit umzusetzen.»
Verbunden fühlt sich Schilling nicht nur mit dem Meer, sondern auch mit dem heimischen Bodensee. Schnell war deshalb klar, dass dieser der Schauplatz ihres Kunstprojektes sein sollte. Um das Projekt aber überhaupt realisieren zu können, war viel Arbeit nötig. Monatelang analysierte Schilling das Wetter und die Eigenheiten des Sees, machte die Bootsprüfung und sprang mit der Kamera in den See.
Es sieht nur einfach aus
Inspiriert von den Skulpturen und Gemälden der Renaissance, entwickelte die Künstlerin ein detailliertes Konzept für jedes einzelne Bild. Damit dann auch unter Wasser alles passte, bereiteten sich auch die Modelle intensiv vor. Vor jedem Shooting übten sie die Choreografie an Land, um so die geplante Komposition im Wasser möglichst zügig umsetzen zu können. Und das war auch nötig, denn die Wassertemperatur lag bei den Shootings bei knapp zwölf Grad – erst dann war das Wasser klar genug für die Bilder. Wind, Strömungen und verschiedene Trübungen erschwerten die Aufnahmen zusätzlich.
Aus technischen Gründen konnte Schilling pro Tauchgang nur eine einzige Aufnahme anfertigen. Deshalb drückte die Künstlerin erst dann auf den Auslöser, wenn sie das geplante Bild ihren Vorstellungen entsprechend vor sich sah. Trotz aller Widrigkeiten gelang es ihr, Fotografien zu erschaffen, die eine ruhige, fast mythische Atmosphäre ausstrahlen.

Poetica Motus: Unterwasseraufnahme im Bodensee (Bild: Milena Schilling)
Mit ihrer Arbeit möchte Schilling mehr als ästhetische Bilder schaffen. Sie erklärt, dass sie mit ihren Werken eine klare Botschaft vermitteln will: «Wir alle haben den gleichen Ursprung, und im Kern sind wir gleich. Erst gesellschaftliche Strukturen machen uns ungleich.» Gerade in einer Zeit, in der soziale Unterschiede oft betont werden, fordert Schilling dazu auf, über gesellschaftlich geprägte Vorstellungen von Identität und Zugehörigkeit nachzudenken.
Nicht nur Gesellschaftskritik ist für Schillings Arbeiten zentral, sondern auch die Natur. Die Fortsetzung des Projekts «Origo» hat sie bereits geplant. Dafür wird sie sich dem Meer als Lebensraum widmen. Und kehrt damit zu den Wurzeln ihrer eigenen Reise zurück: zu den Walen. Sie plant, Menschen gemeinsam mit den grossen Meeressäugern zu fotografieren, und sagt: «Diese Tiere haben mehr mit uns gemeinsam als wir denken, und wir können viel von ihnen lernen, dem möchte ich auf die Spur gehen.»
Milena Schilling – «Origo»: 12. April bis 12 Juli, Leica Galerie, Konstanz; Vernissage: 11. April, 19 Uhr.