Musik, Märkte, Mückenschutz
Bis zum 9. Juli kann man in der Innenstadt von Konstanz eine Oper wie in Paris erleben: La Juive. Drei Stunden lang geht es auf Französisch durch verschiedene Schauplätze, teilweise unter freiem Himmel, bei Regen in der Lutherkirche. Die Handlung erzählt die Geschichte von Kardinal Brogny und dem Juden Eléazar, die eine gemeinsame Vorgeschichte haben: Brogny verurteilt die Söhne des Juden zum Tod auf dem Scheiterhaufen, Eléazar rettet unerkannt Brognys Tochter aus einem brennenden Haus. Unter dem Namen Rachel zieht er sie in jüdischem Glauben auf. Dann zieht sich die Schlinge des religiösen Fanatismus zu. Eine Geschichte aus der Zeit des Konzils mit modernen Bezügen, die Kritiker sind begeistert.
Bis zum 27. Juli zeigt das Stadttheater Konstanz auf der Freilichtbühne am Münsterplatz Cyrano de Bergerac. Edmond Rostands Geschichte feiert die Macht der Liebe und Poesie. Mark Zurmühle inszeniert das tragisch-komische Versdrama als rasantes Mantel- und Degenstück auf dem Münsterplatz mit dem Ensemble und einer Vielzahl an Darstellern aus Konstanz und der Region. Angereichert mit lebendiger Livemusik erwartet das Publikum ein grosser Stoff vor einmaliger Kulisse.
Das Seeburgtheater Kreuzlingen nimmt sich dieses Jahr Biedermann und die Brandstifter vor – das «Lehrstück ohne Lehre» von Max Frisch. Der Haarölfabrikant Gottlieb Biedermann nimmt in seinem Haus zwei Männer auf (Schmitz und Eisenring), die er auf seinem Dachboden hausen lässt. Biedermann muss feststellen, dass Schmitz und Eisenring auf dem Dachboden Benzinfässer einlagern und mit Zündschnur und Zündkapseln hantieren… Frischs 1958 in Zürich uraufgeführte Tragikomödie schildert die absichtliche Blindheit seines Protagonisten gegenüber einer sich zusammenbrauenden Gefahr – vom 12. Juli bis 9. August.
Wenn die bunten Zirkuszelte in Friedrichshafen im Uferpark aufgebaut werden, wenn Gaukler, Clowns und Pantomimen auf der Uferstrasse ihre Kunststücke zeigen, wenn Musikgruppen dem Publikum einheizen und Tanz- und Theaterensembles in Staunen versetzen, dann ist Kulturuferzeit. Vom 27. Juli bis zum 5. August ist buntes Programm mit Festivalatmosphäre direkt am See geboten. Es gibt Kindertheater, Tanztheater und französische Filme. Highlight: Gisbert zu Knyphausen, ein wunderbarer Liedermacher, ein wenig melancholisch, aber zauberschön (4. August).
Wer neue Klamotten braucht, aber nicht viel investieren und sich keine Gedanken über die Produktionsverhältnisse in Bangladesch machen mag, der gehe zum Vlohmarkt. Dieser ist am 4. August, von 12 bis 17 Uhr in der Kantine im Neuwerk, Konstanz. Dort gibt es erfahrungsgemäss hauptsächlich Mädchenkram, aber echt tolle Stücke. Seidenblusen mit kleinen schwarzen Katzen drauf zum Beispiel. Für nur drei Euro!
In Frauenfeld steigt vom 10. bis 12. August das Out in the Green Garden, ein Kulturfestival ohne Bezahlpflicht oder Konsumzwang. Der Fokus liegt auf einem breiten, nicht am Mainstream orientierten Kulturprogramm für alle – mit viel Liebe und Handarbeit. Tagsüber bespielen Bands und Künstler den zauberhaft dekorierten Murg-Auen-Park, in dem man hübsch speisen, chillen, jammen oder tanzen kann. Es gibt einen Flohmarkt, eine Jurte für Jamsessions, Live-Kunst, einen Chill-Out-Bereich am Fluss, ein Sonntagsprogramm für Familien mit Kids und noch viel mehr. In der Nacht feiert man einen Rave unter einer nahegelegenen Brücke – mit passenden Visuals, krasser Deko und einem handgebauten Soundsystem ganz aus der Nähe. Die Acts: Fliptrix, 5K HD, Odd Couple, Microguagua, DECIBELLES, AKIRA & P Vlex, eevee, Foltin, Häxxan, Manfred Groove, Smith&Smart, Delirious Mob Crew, MISSES POE, JamCo, La Scaraband, Mr. Marble’s Puddle Stompers, Friedheimer Spatzen, Nøø, Francois Boulanger & Die Gefährliche Aludose, TASCB, Nade & Darius D, Zunami & P-Tess, Misomaniac, Nitrate, Turntable Actor Chloroform, CCO, Illegyalz, Subsanity, Kappeler.
Zeitgleich gibt es parallel zum Seenachtfest in Konstanz und Kreuzlingen das kleine Festival Kultling. Auch in diesem Jahr werden vom 10. bis 12. August am Seeufer im Kreuzlinger Park wieder fetzige Bands von nah und fern spielen und für einen schönen Blick aufs Feuerwerk abseits von Bratwurst und Helene Fischer sorgen. Am Freitag spielen The Souls of the Departed, Parachute und das Saint City Orchestra aus St.Gallen. Am Samstag geht es weiter mit Familienprogramm, bevor sich das abendliche Seeufer zum schönsten Underground-Club aller Zeiten verwandelt. Nach dem Baro Drom Orkestra und Steam Engine Trio geht es elektronisch weiter: Wassily verspricht üppiges Sinnesrauschen, Gudrun von Laxenburg, Der Tante Renate und Pistole zeigen, wie in unseren Nachbarländern getanzt wird. Am Sonntag macht DJ Stickyrice ein Waking-Up, danach tauft das Baro Drom Orkestar seine neue CD mit Melodien aus Westeuropa, Italien und dem Mittelmeerraum, Einflüssen aus der Mongolei, Brasilien und Afrika.
Freunde des Open Air Kinos bekommen vom Konstanzer Programmkino Zebra eine Auswahl bester Qualität. Vom 22. Juli bis 16. August strahlen 14 Filme mit Stil und Herz in den Neuwerk-Innenhof, darunter Klassiker wie Three Billboards outside Ebbing, Missouri oder Die Reifeprüfung, aber auch diverse Entdeckungen: Wildes Herz etwa von Charly Hübner (31. Juli) um den Sänger und Frontmann der meckpommschen Punkband Feine Sahne Fischfilet, oder Landrauschen (13. August), der Max Ophüls-Preis-Gewinner 2018. Darüber, hoffentlich, der Sternenhimmel. Es empfiehlt sich, Mückenschutz, Jacke und eine Decke mitzunehmen und Karten zu reservieren, die Filme sind meist schnell ausverkauft. Los geht es immer um 21:30 Uhr.
Wer schliesslich kleine Festivals mit Woodstock-Atmosphäre sucht, wird beispielsweise vom 17. bis 19. August am schönen Schlatterweiher im Gögelland (nahe Kreuzlingen) fündig beim Rock the Frog. Am Ufer eines Kleingewässers findet sich eine Bühne mit Batiktüchern und Stierschädel. Hier rocken drei Tage lang, ohne Punkt und Komma aufgelistet: The Dues Winti DJ Wicked Wiggler Magic & Naked The Lovers Restock Ouzo Bazooka Songs from Utopia Slift The Souls of the Departed Ruby the Hatchet. Anschliessend gibt es am Sonntag eine Jam Session (Klampfe einpacken!) und ein Töfflitreffä (Moped lackieren!). Das ganze Spektakel ist umsonst, es gibt Wurst, Hunde sind nicht eingeladen, und der Parkplatz kostet fünf Stutz.