Museums-Konkurs: Wie weiter?

Die Situation ist verflixt und zugenäht: Die Hallen für Neue Kunst, ein renommiertes Museum für zeitgenössische Kunst am Rheinufer Schaffhausens, haben ihre Tore geschlossen. Die privat geführte Institution ging Anfang dieses Jahres Konkurs. Grund dafür war ein langjähriger juristischer Kampf, der vergangenes Jahr zu Ungunsten der Hallen zu Ende ging. Nun fehlt 30 Mitarbeitenden des Museums die Arbeit, die «Stiftung für neue Kunst» steht vor einem fast 400 000 Franken hohen Schuldenberg und der künstlerische Leiter Urs Raussmüller lässt widersprüchliche Aussagen verlauten, während es Spendenaufrufe gibt und in den Medien schon eine Umnutzung diskutiert wird. Wie kam es dazu?
Anfangs der Achtzigerjahre gründete Raussmüller die Hallen für Neue Kunst in der ehemaligen Kammgarn-Spinnerei. Vor allem grossformatige Installationen amerikanischer und europäischer Künstlerinnen und Künstler fanden Einzug in diese Hallen, darunter Joseph Beuys’ zweistöckige Skulptur «Das Kapital Raum 1970-1977», für die eigens dafür ein Raum geschaffen wurde:
1997 wurde die Stiftung, die neben Stadt und Kanton Schaffhausen die Institution finanziell trägt, von zwei Herren angehalten, einen neuen Leihvertrag für «Das Kapital» zu erstellen; die beiden Sammler erhoben zu je einem Teil Besitzanspruch am Werk Beuys’. Als Leiter Raussmüller und die Stiftung die Existenz eines aktuellen Leihvertrags leugneten, wurde 2004 Klage erhoben. Im Dezember 2013 erhielten die Sammler – mittlerweile waren es deren drei, die zusammen Besitzanpruch erhoben – Recht: Das Obergericht beurteilte «Das Kapital» als deren Eigentum, nicht etwa von Raussmüller oder seiner Stiftung. Die «Stiftung für neue Kunst» muss nun für die Gerichtskosten aufkommen, was sie derart verschuldete, dass in Folge die Hallen für Neue Kunst geschlossen bleiben; die Mitarbeitenden konnten nicht mehr bezahlt werden.
Es mangelt nicht an Ideen
Nun, da die Tore der Hallen für Neue Kunst aus Ratlosigkeit und Geldmangel vorerst geschlossen sind, wird öffentlich eifrig diskutiert. Schliesslich sind auch die Besitzverhältnisse weiterer Werke – kaum eines gehört den Hallen – nicht geklärt, und es ist unklar, ob «Das Kapital» in der Munotstadt bleibt.
Während der St.Galler NZZ-am-Sonntag-Journalist Gerhard Mack die «gerichtliche Demontierung von Weltkunst» kritisiert, melden sich lokale Stimmen mit Ideen. Martin Egger, FDP-Politiker und Grossstadtrat, fordert schon zum zweiten Mal in einem Vorstoss, die Räume anderweitig nutzen zu können. Bezeichnenderweise trägt das Postulat den Titel «Schluss mit staatlicher Finanzierung privater Hobbys und Prüfung nachhaltiger Nutzung des Kammgarnareals». Egger schlägt vor, die Hallen zukünftig als Kulturort, für die Stadtverwaltung oder privatwirtschaftlich zu nutzen.
Im lokalen Kulturpolitik-Magazin «Lappi» widmet Andreas Lüthi, selbst aktiv im Kuratorenteam des ebenfalls im Kammgarnareal liegenden Vebikus, neuen Hallen-Ideen eine Doppelseite: Ein Kulturplatz sollen sie bleiben, die Hallen für Neue Kunst. Eine Neuausrichtung, etwa mit Wechselausstellung, sei aber nötig.
Nicht nur ein Hobby
Mit dem endgültigen Urteil hat die Diskussion um die Zukunft der Hallen erst begonnen. Dass sich Kunstschaffende genauso wie Personen aus der Politik zu Wort melden, ist richtig und wichtig. Die Ansicht, Kunst sei bloss ein staatlich subventioniertes Hobby, ist nicht neu – die aktuelle Situation in den Hallen aber ist es. Sie ist eine Chance, «neue Kunst» auch mit neuen Ideen innerhalb der Kultur zu verbinden, neuen Künstlerinnen und Künstlern gar, an denen es Schaffhausen nicht mangelt – Noch nicht.
Die Hallen in etwas völlig anderes umzuwandeln, ist ein Griff in die falsche Richtung im «kleinen Paradies» (so der offizielle Werbe-Ausdruck für Schaffhausen), das Kultur so gern gross schreibt. Nun gilt es, nach dem Drama ums «Kapital» an mehr zu denken als eben daran, Profit aus den Hallen zu kitzeln.
Bilder: raussmueller.org