Mixologie: Radio Suisse Cocktail
Fruchtige Frische umschwärmt unsere Zunge, und es prickelt wunderbar. Wir kredenzen gerade einen «Radio Suisse Cocktail» und fragen uns, wie der Cocktail wohl zu seinem Namen kam.
Radio Suisse Cocktail:
In den Shaker gebe man reichlich Eis, 1⁄2 Messbecher Ananassaft, 1⁄2 Messbecher Apricot Brandy und schüttle gut. Anschliessend giesse man die Mischung in ein Champagnerglas. Dieses fülle man mit kaltem Schaumwein auf. Zum Schluss gebe man eine 1⁄2 Scheibe Orange dazu.
Nun denn, wir haben versucht, es herauszufinden. Und antworten in Form eines kulturgeschichtlichen Streifzugs durch die helvetische Cocktail-Landschaft. Doch wie ist ein solch banales Unterfangen angesichts allen Übels, das derzeit auf der Welt grassiert, überhaupt zu rechtfertigen? Bräuchte es an dieser Stelle nicht eine Kolumne zu wirklich wichtigen Themen? Steuerreformen, Flüchtlingskrise, IS oder Trump? Vielleicht. Wir wenden uns etwas alltäglicheren Fragen zu. Von mangelnder Relevanz immerhin kann im Fall von Alkohol angesichts seiner Omnipräsenz in Gaststätten, auf Esstischen, in Zugabteilen, bei Geschäftsessen, Hochzeiten und eben in Cocktailbars wohl nicht gesprochen werden.
Wie auch immer, nach einigen «Radio Suisses» schien es unvermeidlich, sich näher mit diesem Thema zu beschäftigen. Es galt herauszufinden, was es mit diesem orangen Trank und seinem illustren Namen auf sich hat. (Von Vivi Kola wissen wir ja auch, dass es aus Eglisau kommt.) Eine erste Recherche führte uns zum Namen Harry Schraemli. Und als wir unsere Suche nach den Spuren des Cocktails in der Schweiz intensivierten, stolperten wir immer wieder über Harry Schraemli. Zeit, uns diesen Herrn genauer anzuschauen.
Harry Schraemli Cocktail Club, 1. Folge: 28. April ab 20 Uhr ehemalige Confiserie Pfund St.Gallen
Zur Welt kommt Heinrich Chira Schraemli 1904 in Trier. 1995 stirbt er im luzernischen Hergiswil. In seinen 91 Lebensjahren hat er, so mussten wir bald feststellen, die Schweizer Gastronomie – und nicht nur diese – gehörig aufgemischt. So hinterliess er auch im gesellschaftlichen Alltag einige Spuren. Wer war dieser Charakterkopf, der unter anderem Thomas Mann wegen eines Kochbuchs zu Gast hatte, auf abenteuerlichen Missionen für die UNO in Jugoslawien und Afrika war, in einem Reisebericht «die Volksrepublik China aus der Sicht eines Kapitalisten» schilderte und König Umberto von Italien zu Tränen rührte?
Und wie kam es dazu, dass dieser Herr samt seinem Vermächtnis plötzlich in Antiquariaten verschwand und vergessen ging? Diesen Fragen wollen wir – immer auch mit Aktualitätsbezug und einem Rezept zum anschliessenden Runterspülen – in dieser Kolumne nachgehen.