Mit Donkey Kong einen Club Mate schlürfen
Vergessen gegangene Figuren aus einer Kindheit und Jugend in den 1980er- und 90er-Jahren tauchen im Spielzimmer wieder auf. Yoshi, Donkey Kong und Super Mario grinsen, fliegen und springen einem von bunten Postern an grauen Wänden entgegen. Die Deko ist Programm im Spielzimmer an der Davidstrasse 21. Dieses besteht eigentlich aus vier nüchtern gestalteten (Büro-)Zimmern, die seit Januar einer Retro-Spielhalle, einem Workshop-Raum, einer Bar (samt fetten Boxen) und einem Virtual Reality- Space (eine Art 360-Grad-Videospiel) Platz bieten.
«Es soll ein Ort sein, an dem sich kreative Leute aus verschiedensten Szenen treffen können», sagt Patrick Jost, der Kopf hinter dem Spielzimmer. Der Name des Raumes ist nicht gestohlen: Als Besucher bekommt man sofort Lust, sich an den verschiedenen Konsolen auszutoben, sich in der Virtual Reality zu verlieren und danach an der Bar einen Club Mate zu schlürfen und Seich zu labern – zu spielen halt.
Events im Spielzimmer:
17. Februar, ab 14 Uhr: Chinesisches Laternenfest zum Neujahr. Laternen-Basteln, chinesische Spiele und Leckereien. Für Kinder und Eltern.
23. Februar, ab 10 Uhr: Workshop Keramik 3D-Druck. Einführung und Druck eines eigenen Modelles. Anmeldung erforderlich.
Do it yourself: Eis brechen
Patrick Jost ist selbständiger Programmierer und Gestalter von interaktiven Installationen im Bereich Kunstvermittlung und Ausstellungen. So ist die Nähe des Spielzimmers zur IT- und Computergame-Szene nicht verwunderlich, aber Jost betont: «Das Spielzimmer soll nicht allzu nerdig sein, sondern ein offener Treff- und Vernetzungspunkt.» Die Spielhalle, wo ein Super Nintendo, ein Sega Mega Drive, ein Amiga-PC, ein Pong (das erste Videospiel überhaupt, ein rudimentäres Tennismatch), ein Vectrex und andere Game-Kuriositäten warten, diene vor allem dazu, «das Eis zwischen den verschiedenen Leuten zu brechen».
Im Workshopzimmer erhalten verschiedenste Menschen Gelegenheit, ihre Projekte zu präsentieren: Der St.Galler Musiker und Elektroniktüftler Klangforscher stellte am Eröffnungswochenende seinen selbstgebauten, analogen Synthesizer vor. Aber auch ein Kaffeeröster und ein Mikro-Bierbrauer werden von ihren Unternehmungen und Erfahrungen berichten. Sie alle eint etwas: der DIY-Gedanke («Do It Yourself»), der in der Punkbewegung wurzelt und besagt, dass man alles ausprobieren und machen kann, wenn man es nur will.
Getreu dieser Ethik funktioniert das Spielzimmer ehrenamtlich und nicht profitorientiert. «Viele Leute haben mir spontan ihre Mitarbeit angeboten», sagt Patrick Jost. Auch seien nach dem Eröffnungswochenende bereits Menschen mit neuen Vortragsideen auf ihn zugekommen: ein Verein, der programmierende Frauen fördert, oder eine Ostschweizer Cosplay-Künstlerin zum Beispiel. «Unser Programm entsteht laufend, alles ist improvisiert», sagt Jost. Es lohnt sich also, regelmässig auf spielzimmer.org vorbeizuschauen.
Übrigens: Im Spielzimmer sind auch Anlässe für Kinder vorgesehen. Bereits fix ist ein Workshop am 17. Februar, an dem chinesische Laternen gebastelt und chinesische Kindergeschichten vorgelesen werden.
Weitergehen wird es – aber wo?
Das Spielzimmer ist eine günstige Zwischennutzung, die sicher bis und mit März Bestand hat. «Danach soll es in irgendeiner Form weitergehen. Ob hier oder anderswo, ist noch offen», sagt Patrick Jost. Aber nicht nur im Parterre, sondern in allen Stockwerken des unscheinbaren Bürogebäudes an der Davidstrasse 21 pulsiert es: Im Keller ist ein Siebdruck-Studio geplant, in den oberen Stockwerken feilen Künstlerinnen, Kreative und Selbständige seit Oktober an ihren Werken und Projekten.
Tag der offenen Tür im Haus Famos mit Atelierbesichtigungen, Werkschauen und mehr:
9. Februar.
Die Räume werden als Ateliers oder Co-Working-Spaces günstig vermietet. Dahinter steht der Verein Leerraum, der dieses Projekt «Haus Famos» nennt. Das Haus öffnet am 9. Februar seine Türen für die Öffentlichkeit, eine Art Werkschau steht auf dem Programm. Auch für das Haus Famos gilt: Noch bis Ende März kann das Gebäude genutzt werden, das zuvor drei Jahre lang leer stand. «Unser Ziel ist es aber, eine Anschlusslösung zu finden», sagt Melanie Diem vom Verein Leerraum. Zentral sei, die gewachsenen Netzwerke und Beziehungen an einen neuen Ort zu übertragen. Der Verein sei diesbezüglich in Gesprächen mit der Stadtverwaltung, die bei der Suche nach neuen Räumen Hand bietet.
Dieser Beitrag erschien im Februarheft von Saiten.