Mario Mutsch, ganz allein im Letzigrund

Beispielsweise Mario Mutsch.
Im Letzigrund war er in den ersten Spielminuten völlig überfordert: Einmal stellte ihn Dabbur vor Probleme, dann war es Pavlovic. Mutsch musste sich mit Fouls wehren, in der 9. Minute auch im Strafraum. Es gab Penalty. Drei Minuten später erhielt er für ein nächstes Foul eine Verwarnung und es schien bis zur gelb-roten Karte nur noch eine Frage der Zeit. Eigentlich hätte Saibene den Verteidiger auswechseln müssen. Doch der leicht angeschlagene Martic hatte derart viel Unlust (s.a. Nachtrag) gezeigt, dass ihn der Trainer nicht nach Zürich mitgenommen hatte. Deshalb blieb Mutsch im Spiel. Man tat ihm damit keinen Gefallen: In der 90. Minute nahm ihm Steven Lang den Ball weg und erzielte das 2:0.
Zwei Fehler von Mutsch ergaben zwei Tore für GC.
Natürlich könnte man nun erklären, dass er von dem vor ihm spielenden Vitkieviez praktisch keine Unterstützung erhalten hatte.
Doch das Problem liegt tiefer. Der FC St.Gallen erlebt in der Rückrunde wie es sich auswirkt, wenn sich die Dynamik innerhalb eines Kollektivs ins Negative verändert. Bereits in der Vorrunde zeigte sich in einigen Spielen, dass nur eine schmale Basis für die Erfolge verantwortlich war. Rückblickend waren es einige wenige Szenen, mit denen die Entwicklung in eine positive Richtung gelenkt wurde.
Beispiel dafür ist der Ausgleichstreffer von Marco Mathys per Kopf gegen Spartak Moskau. Der FC St.Gallen war zuvor nicht eben gut in die Saison gestartet. Eine Niederlage gegen den russischen Rekordmeister wäre normal gewesen. Doch dann verwertete Mathys eine der wenigen Tormöglichkeiten. Und der Höhenflug begann.
Auf dem Platz standen mit wenigen Ausnahmen Spieler, die entweder mit dem FC St. Gallen aufgestiegen waren, von anderen Challenge-League-Klubs kamen oder von Vereinen, die soeben abgestiegen waren (Servette). Alle diese Fussballer hatten sich vielleicht schon damit abgefunden, dass sie nie um einen Meistertitel mitspielen, nie in einem Cupfinal stehen und nie internationale Wettbewerbsspiele absolvieren würden.
Dann schien einen Sommer und einen Herbst lang all dies möglich.
Das Kollektiv funktionierte und machte die einzelnen Spieler besser, vielleicht sogar besser als sie es von ihren Qualitäten her eigentlich waren. Das löste einen Echo-Effekt aus: Die Spieler trauten sich immer mehr zu, das Kollektiv wurde dadurch noch stärker und beflügelte beispielsweise einen wie Ermir Lenjani zu ungewöhnlichen Leistungen.
Dann endete der Herbst, St. Gallen schied aus der Europa-League aus, dann aus dem Cup.
In der Winterpause zeigte die Klubleitung keine Ambitionen. Transfers gab es keine. Immer wieder wurde erklärt, dass die Teilnahme an der Europa-League für einen kleinen Klub wie St.Gallen alles andere als selbstverständlich sei. Damit wurde ein Bild festgeschrieben, an das inzwischen auch die Spieler glauben: Der FC St.Gallen ist ein Mittelfeldklub, der vor allem nicht absteigen will.
Dann startete die Rückrunde und die entscheidenden Szenen gelangen nun den Gegnern. Die Probleme im Sturm wurden grösser, es gab Verletzungen, verschiedene Spieler verloren ihre Form: Besle, Mutsch, Lenjani, Nater, Mathys, Karanovic. Die Gesamtleistung des Kollektivs wurde schlechter. Dies wirkte sich vor allem in den beiden Strafräumen aus: Fehler in der Defensive, vergebene Chancen in der Offensive.
Der Mannschaft fehlen Spieler, die wegen ihrer individuellen Klasse nicht von der Leistung des Kollektivs abhängig sind. Weil deshalb die Resultate ausbleiben, liess sich die Negativspirale nicht mehr stoppen.
All dies führte dazu, dass am Mittwochabend einer wie Mario Mutsch, der in der Europa-League fast jeden Zweikampf gewonnen und auch im Zentrum überzeugt hatte, im tristen Letzigrund plötzlich wie ein Challenge-League-Verteidiger wirkte: Überfordert vom Tempo und schuld an der Niederlage.
Nachtrag: Der Berater von Ivan Martic (Front Group) hat sich gemeldet und hält fest, dass der Spieler keinesfalls gesundheitlich angeschlagen war. Es stimme auch nicht, dass Martic nicht motiviert gewesen wäre.