Lob der Provinz. Und der Provence

Das Jahr durch wird hier parkiert, jetzt wird zwei Tage lang getanzt: In Trogen ist Barmudafest, organisiert von den zwei Bars im Dorf und längst mehr als ein Dorfanlass.
Von  Peter Surber

Wer Frankreichs Midi liebt, leibhaftig oder musikalisch, der sollte morgen Freitag das Trognerbähnli nicht verpassen. In Trogen nämlich machen am Abend Moussu T e lei jovents Station – ein Quintett mit Wurzeln in Marseille beziehungsweise dessen Hafen-Vorort La Ciotat. Von dort und aus dem Umfeld des Massilia Sound System stammen Sänger Tatou (Moussu T) sowie seine «Jungs»: Gitarrist Blu und der brasilianische Perkussionist Jam; live kommen mit Deli K und Denis zwei weitere Musiker hinzu.

Ein Melting-pot wie Marseille ist auch ihre Musik, hauptsächlich inspiriert von den 1920er- und 30er Jahren, von provenzalischen Liedern und der Marseiller Operette jener Zeit, von Blues und Jazz und Einsprengseln aus der Karibik und Brasilien. Moussu T e lei jovents schöpfen aus diesen vielfältig sprudelnden Quellen ihre eigenen Chansons, singen französisch und okzitanisch Texte, die gemäss ihrer Website «von Kaschemmen, Salzwasser, Kränen und Felsbuchten», von Liebe und Sehnsucht und den «beschwerlichen Wegen des Alltags» handeln. Das tönt dann allerdings recht unbeschwert:

 

Verwurzelt und kosmopolitisch zugleich zu sein, das ist das Programm von Monsieur T. Und das mache generell die «Magie der traditionellen Musik» aus, wie Tatou in einem Interview in «La Provence» sagt: Je intensiver die Auseinandersetzung mit dem Lokalen, desto stärker zugleich das Interesse an der Welt. Ein Plädoyer also für die Provinz oder Provence, für La Ciotat oder Trogen – zu hören heute Freitag ab 20 Uhr.

Zwei Bars, die sich mögen

Das zweitägige Barmudafest ist ein Anlass, mit dem das Ausserrhoder Dorf seinerseits aus dem Provinzschatten tritt und sich grösser und vor allem lebendiger macht, als es sonst unter dem Jahr zu und her geht. Zu verdanken ist dies den beiden Bars: der «alten», über 20jährigen Rab-Bar und der eine Generation jüngeren Viertelbar.

Einen mittleren Steinwurf von einander entfernt, haben sie vor acht Jahren erstmals den Parkplatz dazwischen zum Barmuda-Dreieck erklärt und führen das Klein-Openair nun zum fünften Mal gemeinsam durch.

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«Dem Dorf etwas bieten: Das ist das erklärte Ziel der Organisatoren», steht in der Ankündigung. Simone Thoma, Präsidentin des Rab-Vereins, macht den Kreis der Adressaten noch etwas grösser: Am Barmudafest gefalle ihr, dass da eine Gruppe Freiwilliger einen Anlass «für die ganze Bevölkerung von Trogen und Umgebung» auf die Beine stelle – mit «Umgebung» zählt sie kurzerhand die Stadt St.Gallen mit, denn tatsächlich sei das Barmudafest inzwischen auch bei vielen St.Gallern ein fester Wert in der Agenda.

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Generationenverbindend

Ihr gefällt zudem, dass das Fest nicht nur für Teenies oder Oldies sei, sondern für alle Generationen, inklusive Kinder: Nachmittags finden diverse Spiele auf dem Landsgemeindeplatz statt, vom Kubb bis zum Töggele. Und schliesslich: Geld ist zwar wenig da, sagt Simone Thoma, das Musikprogramm biete aber trotzdem Hochstehendes. Dazu gehören die erwähnten Headliner vom Freitag aus Marseille, die eigens bereits am Donnerstagabend angereist sind: Mit Moussu T gehe ein langgehegter Traum der Rab-Betreiber in Erfüllung, seine Musik laufe seit Jahren im Rab immer  wieder.

 

Am Freitag machen die Goldacher Elektroniker Missue den nächtlichen Abschluss. Am Samstag heisst der klingendste Name Palko! Muski aus Zürich, daneben reisen Redensart aus dem deutschen Freiburg, Who’s Elektra aus Luzern und Pony aus Züri an. Und mit Gazzuu gibt eine einheimische Wäldler Band ihr Debut.

Eintritt frei

Dies alles ist fürs Publikum gratis – oder mit dem Kauf eines Buttons freiwillig mitzufinanzieren. Ziel sei es, «ebenuus» zu kommen, sagt Simone Thoma und freut sich über Defizitgarantien unter anderem der kantonalen Kulturförderung. Die Bands erhalten ihre Honorare, die Technik will finanziert sein, im übrigen funktioniert das Fest aber ausschliesslich mit Freiwilligenarbeit. Im Trogner Barmudaviertel will niemand reich werden.

Und auch zum titelgebenden Bermudadreieck geht man auf Distanz: Dort in der Karibik verschwinde so manches auf geheimnisvolle Weise. Hier in Trogen nicht, im Gegenteil: «Da kommt vieles zum Vorschein.»

Barmudafest Trogen: Freitag 12. August ab 17 Uhr, Samstag 13. August ab 12 Uhr

barmudafest.ch