Linkteratur
Kim de l’Horizons Blutbuch sprengt Grenzen, auch sprachlich. Kim fragt nicht nur, was Geschlecht ist, sondern auch was Literatur heute ist. Sein kann. Kim spricht in literarischen Zungen. Und ist damit nicht allein. Die klassischen Gattungen Epik, Lyrik, Dramatik sind längst verflossen, ineinander verschlungen, selbst Spoken Word, «Sachnovellen», Gebrauchsanweisungen oder computergenerierte Texte haben ihren Weg in die breite Literatur gefunden.
Dem müssen sich auch die Literaturhäuser und die Vermarktungsindustrie stellen. Triste Wasserglaslesungen sind passé, heute sucht man die performativen Elemente – wie geschaffen fürs Theater. Das haben sich auch Anya Schutzbach vom Literaturhaus St.Gallen und Jonas Knecht vom Theater St.Gallen gedacht und zusammen eine kooperative Lesereihe erfunden: L∞T.
L steht für Literatur und T für Theater, dazwischen das Unicode-Zeichen für Verlinkung. Die Veranstaltungen sind jeweils moderiert, Autor:innen lesen aus ihren Texten, Schauspieler:innen präsentieren dazu Beispiele. «Für das Publikum eine aussergewöhnliche Gelegenheit, die Autor*innen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven kennenzulernen», heisst es in der Ankündigung.
L∞T #1: Kim de l’Horizon:
26. Januar, 20 Uhr, Lokremise
L∞T #2: Wolfram Lotz:
4. März, 20 Uhr, Lokremise
L∞T #3: Emine Sevgi Özdamar:
29. April, 20 Uhr, Lokremise
Den Auftakt macht passenderweise und aus immer noch halbwegs aktuellem Anlass Kim de l’Horizon. Kim war eigentlich schon fürs «Stücklabor», der Autor:innen-Förderplattform der Theaterszene, Ende November vorgesehen, musste dann aber aus terminlichen Gründen passen. Kann halt passieren, wenn mensch einen Buchpreis nach dem andern abräumt. Im Januar liest Kim nun in der Lokremise aus dem Blutbuch. Im Anschluss interpretieren Ensemblemitglieder des Theaters Ausschnitte aus Kims jüngstem Bühnenstück Hänsel & Greta & The Big Bad Witch.
Im Frühling sind dann Wolfram Lotz, dessen Stücke schon mehrfach am Theater St.Gallen inszeniert wurden, sowie die Schriftstellerin, Schauspielerin und Theaterregisseurin Emine Sevgi Özdamar zu Gast bei L∞T. Lotz liest aus seiner neuen Arbeit mit dem Titel Heilige Schrift. In diesem Selbstversuch protokollierte er ein Jahr lang jeden Tag, von morgens bis nachts. Dazu präsentieren Anja Tobler, Birgit Bücker und Anna Blumer Ausschnitte seines Stücks Die lächerliche Finsternis. Das Programm des Abends mit Emine Sevgi Özdamar ist noch am Werden.
Dieser Beitrag erschien im Januarheft von Saiten.