Leicht, aber auch leicht melancholisch
Hier haben sich zwei gefunden, die gerne spielen. Die Instrumentierung dieser Band ist schnell beschrieben: Synths und Drumcomputer. So kommen sie auch auf die Bühne, mit Grätli, Kabel und Knöpfli, dafür ohne Laptop, juhee! Auf ihrem Debutalbum Anecdotes of Wired Minds nehmen uns Paraphon (Yves Eggenberger und Michelle Zanivan) mit auf eine Reise von den 80ern bis ins Jetzt.
Vieles geschieht gleichzeitig auf diesem Album. Die Arrangements sind oft leicht, aber immer auch leicht melancholisch, was nicht zuletzt Zanivans Stimme zu verdanken ist. Die erste Hälfte könnte man als Hommage an den 80er-Synth-Pop deklarieren, dazu gehören Morning Toughts, Miles oder das instrumentale Intermezzo. Zum Schluss hin wird das Album recht postmodern-zeitgenössisch, die Strukturen werden offener, die Stilmixe mutiger. Am meisten her gibt das Dazwischen.
Wired Minds zum Beispiel, ihre Modernisierung von Mary Shelleys Frankenstein, wie Paraphon erklären. Sie erzählen aber nicht die Geschichte eines eigentlich unschuldigen Wesens, das durch die Ignoranz der Normmenschen zum «Unhold» wird, sondern eher die Geschichte einer Befreiung, einer Selbstbestimmung, eines Wesens, das seinen Platz findet. Aus «I’m your monster, I’m your creature, I’m your idea, your fantasy» wird am Schluss: «I’m no monster, I’m no creature, I’m my idea, my fantasy.»
Paraphon: Anecdotes of Wired Minds, ab 7. Oktober auf allen Plattformen
Plattentaufe: 7. Oktober, Jugendkulturraum Flon, St.Gallen
Oder Spanish Sahara, ein synthetisiertes Foals-Cover. Es braucht Mut, eine solch dynamische Nummer neu zu interpretieren. Paraphon ist das nicht schlecht gelungen, auch wenn die energetische Spannweite nicht ganz so gross ist wie im Original. Dafür setzen sie mit ihren Synths eigene Glanzpunkte. Musikstile sind gemeinhin Geschmackssache, aber wer mit dem eher soften Original auch nie so recht warmgeworden ist, könnte an der mystischen Version von Paraphon durchaus Freude haben.
Dieser Beitrag erschien im Oktoberheft von Saiten.