La rue, c'est moi

Kantonsübergreifender Schulterschluss für mehr Strassen (von links): Boris Tschirky (Kantonsrat SG/Mitte), Stefan Mühlemann (Kantonsrat  TG/SVP), Ruben Schuler (Kantonsrat SG/FDP), Werner Giezendanner (Kantonsrat AR/FDP), Michael Koller (Grossrat AI), Philipp Gemperle (Stadtrat Romanshorn/FDP), Jérôme Müggler (Direktor IHK Thurgau), Nina Schärrer (Kantonsrätin SH/FDP), Donat Kuratli (Kantonsrat SG/SVP), Isabel Schorer (Kantonsrätin SG/FDP), Markus Bänziger (Direktor IHK St.Gallen-Appenzell) und Walter Locher (Präsident Hauseigentümerverband Kanton St.Gallen). (Bild: dag) 

Eine Allianz von bürgerlichen Parteien und Verbänden der Ostschweizer Kantone ignoriert das Nein der Schweizer Stimmbürger:innen zu den Autobahnausbauten. Mit Standesinitiativen will sie die dritte Rosenbergröhre und den Anschluss Güterbahnhof sowie weitere Strassenprojekte wieder nach Bern bringen. Ein kommentierender Bericht.

En­de No­vem­ber ver­senk­te die Schwei­zer Stimm­be­völ­ke­rung mit knapp 53 Pro­zent Nein-Stim­men die sechs Pro­jek­te für Ka­pa­zi­täts­er­wei­te­run­gen auf dem Au­to­bahn­netz – dar­un­ter auch die bei­den Ost­schwei­zer Pro­jek­te: in St.Gal­len die drit­te Röh­re für den Ro­sen­berg­tun­nel und den neu­en An­schluss im Gü­ter­bahn­hof­are­al mit der Ver­bin­dung ins Ap­pen­zel­ler­land so­wie in Schaff­hau­sen die zwei­te Röh­re des Fä­senstaub­tun­nels. Ein un­miss­ver­ständ­li­ches Re­sul­tat, da­zu ein his­to­ri­sches, denn erst­mals über­haupt schei­ter­te ei­ne Vor­la­ge für den Aus­bau von Au­to­bah­nen an der Ur­ne. 

Un­miss­ver­ständ­lich? Of­fen­bar nicht für al­le. Jetzt, nur et­was mehr als drei Mo­na­te spä­ter, bringt ei­ne Al­li­anz von Ver­bän­den und bür­ger­li­chen Po­li­ti­ker:in­nen aus den Kan­to­nen St.Gal­len, Thur­gau, bei­den Ap­pen­zell und Schaff­hau­sen die Ost­schwei­zer Pro­jek­te wie­der aufs Ta­pet. Sie sol­len gleich in den nächs­ten Aus­bau­schritt für die Na­tio­nal­stras­sen auf­ge­nom­men wer­den, da­zu die Bo­den­see-Thur­tal­stras­se – die Ver­bin­dung zwi­schen der A1 bei Ror­schach und der A7 bei Frau­en­feld – und der Zu­brin­ger Ap­pen­zel­ler­land zwi­schen Gos­sau und He­ris­au be­zie­hungs­wei­se Ap­pen­zell. 

Die­sen Schul­ter­schluss de­mons­trier­te die Al­li­anz am Don­ners­tag an ei­ner ge­mein­sa­men Me­di­en­kon­fe­renz in St.Gal­len. Da­bei wa­ren Wal­ter Lo­cher als Prä­si­dent des Haus­ei­gen­tü­mer­ver­bands des Kan­tons St.Gal­len, die bei­den IHK-Di­rek­to­ren Mar­kus Bän­zi­ger (St.Gal­len-Ap­pen­zell) und Jé­rô­me Mügg­ler (Thur­gau), die St.Gal­ler Kan­tons­rät:in­nen Isa­bel Schorer (FDP), Do­nat Kur­at­li (SVP), Ru­ben Schul­er (FDP) und Bo­ris Tschir­ky (Mit­te), die Schaff­hau­ser Kan­tons­rä­tin Ni­na Schär­rer (FDP), der Thur­gau­er Kan­tons­rat Ste­fan Müh­le­mann (SVP), der Ro­mans­hor­ner Stadt­rat Phil­ipp Gem­per­le (FDP) so­wie fürs Ap­pen­zel­ler­land Wer­ner Gie­zen­dan­ner (Kan­tons­rat FDP/AR) und Mi­cha­el Kol­ler (Gross­rat AI), der auch Prä­si­dent des In­ner­rho­der Ge­wer­be­ver­bands ist. 

Ver­pflich­tet, die Pro­ble­me zu lö­sen 

Die Ost­schwei­zer Kan­to­ne hät­ten Ja ge­sagt zu den Au­to­bahn­aus­bau­ten, des­halb ste­he «die Ost­schweiz» wei­ter­hin zu ih­ren Ver­kehrs­vor­ha­ben, sag­te Lo­cher, der auch Prä­si­dent der 2013 ge­grün­de­ten IG Eng­pass­be­sei­ti­gung ist und mass­geb­lich da­für ver­ant­wort­lich war, dass es das St.Gal­len Pro­jekt in den Aus­bau­schritt 2023 schaff­te. Die Mo­bi­li­täts- und Er­reich­bar­keits­pro­ble­me wür­den im­mer grös­ser, als Ver­tre­ter der Ver­bän­de und Par­la­men­te sei­en sie ver­pflich­tet, die­se Pro­ble­me nicht nur zu be­nen­nen, son­dern auch zu lö­sen. «Wir kön­nen es nicht hin­neh­men, dass die Er­reich­bar­keit dar­nie­der­liegt, wenn sich der­einst (wäh­rend der Sa­nie­rung der bei­den be­stehen­den Ro­sen­berg-Röh­ren, Anm. d. Red.) täg­lich bis zu 50'000 Fahr­zeu­ge durch die Stadt St.Gal­len wäl­zen, so­fern nichts pas­siert.» Es brau­che ei­ne Wei­ter­ent­wick­lung der Mo­bi­li­tät und der Er­reich­bar­keit, «und die­ses Si­gnal wol­len wir auch nach Bern schi­cken». 

Da­zu wol­len die bür­ger­li­chen Kräf­te in den je­wei­li­gen Kan­tons­par­la­men­ten ent­spre­chen­de Stan­des­in­itia­ti­ven ein­rei­chen, im St.Gal­ler Kan­tons­rat be­reits in der Früh­jahrs­ses­si­on, die am kom­men­den Mon­tag be­ginnt. Auf­grund der Mehr­hei­ten ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die Stan­des­in­itia­ti­ven in al­len Kan­to­nen an­ge­nom­men wer­den. Wel­che Aus­sich­ten auf Er­folg sie dann in Bern ha­ben wer­den, steht al­ler­dings auf ei­nem an­de­ren Blatt. 

Die De­mo­kra­tie mit Füs­sen tre­ten 

Dass die Ver­kehrs­al­li­anz, zu der ge­wähl­te Volks­ver­tre­ter:in­nen ge­hö­ren, die­sen Schritt geht, ist be­denk­lich. Die­ses Vor­ge­hen da­mit zu le­gi­ti­mie­ren, dass die be­trof­fe­nen Kan­to­ne al­le­samt Ja ge­sagt ha­ben zu den Au­to­bahn­aus­bau­ten, und das Re­sul­tat der na­tio­na­len Ab­stim­mung so zu in­ter­pre­tie­ren, dass es den ei­ge­nen In­ter­es­sen dient, zeugt von ganz schlech­tem Stil. Wer so han­delt und sich um ei­nen Volks­ent­scheid fou­tiert, tritt die De­mo­kra­tie mit Füs­sen. 

Wal­ter Lo­cher woll­te die­sen Vor­wurf nicht ste­hen las­sen. Sei­ne Be­grün­dung: Die sechs Pro­jek­te sei­en als Pa­ket zur Ab­stim­mung ge­kom­men, nicht als ein­zel­ne Vor­la­gen. Man kön­ne folg­lich nicht sa­gen, dass das Schwei­zer­volk zu den bei­den Pro­jek­ten in St.Gal­len und Schaff­hau­sen auch dann Nein ge­sagt hät­te, wenn es über sie se­pa­rat hät­te ab­stim­men kön­nen. 

Das tut oh­ne­hin nichts zur Sa­che. Zum ei­nen gibt es staats­po­li­ti­sche Grün­de da­für, war­um auf na­tio­na­ler Ebe­ne über al­le sechs Pro­jek­te ge­mein­sam ab­ge­stimmt wur­de. Zum an­de­ren war das Nein eben auch ein Nein zu ei­ner Ver­kehrs­po­li­tik, die als ein­zi­ge Ant­wort auf die Ver­kehrs­pro­ble­me den Bau neu­er Stras­sen kennt. In­so­fern war und ist es un­er­heb­lich, wo sich die ein­zel­nen Pro­jek­te be­fin­den. Den Vor­wurf muss sich die Al­li­anz des­halb ge­fal­len las­sen. 

Aben­teu­er­lich wur­de es dann, als Lo­cher auf den Ein­wand zu spre­chen kam, dass die Städ­te St.Gal­len und Schaff­hau­sen die Au­to­bahn­aus­bau­ten klar ab­ge­lehnt ha­ben. Man kön­ne auch sa­gen, der Wi­der­stand in der Stadt hät­te ei­ne an­de­re Volks­ab­stim­mung mit Füs­sen ge­tre­ten, sag­te der HEV-Prä­si­dent. Denn 2016 hät­ten in St.Gal­len 66 Pro­zent der Stimm­be­rech­tig­ten die In­itia­ti­ve, die das Gü­ter­bahn­hof­are­al vor dem Au­to­bahn­zu­brin­ger schüt­zen woll­te, ab­ge­lehnt. Da da­mals die Stimm­be­tei­li­gung mit über 60 Pro­zent hö­her ge­we­sen sei als bei der Ab­stim­mung vom Herbst mit 46 Pro­zent, sei letz­te­re «we­sent­lich we­ni­ger re­prä­sen­ta­tiv». Des­halb kön­ne man aus dem Nein in der eid­ge­nös­si­schen Ab­stim­mung nicht fol­gern, es hand­le sich um ein «ge­ne­rel­les Nein». 

Na­tio­nal­rat Göt­te wur­de schon ak­tiv 

So dreist die­ser po­li­ti­sche Win­kel­zug ist, über­ra­schend kommt er nicht: Schon ei­nen Tag nach der Ab­stim­mung kün­dig­te der St.Gal­ler SVP-Na­tio­nal­rat Mi­cha­el Göt­te im «St.Gal­ler Tag­blatt» ei­ne In­ter­pel­la­ti­on an den Bun­des­rat an, um die drit­te Röh­re des Ro­sen­berg­tun­nels als «Not­fall­tun­nel» zu ret­ten («lei­der oh­ne den An­schluss Gü­ter­bahn­hof», wie er selbst sag­te). Die­se reich­te er An­fang De­zem­ber ein. In sei­ner Stel­lung­nah­me vom 12. Fe­bru­ar schrieb der Bun­des­rat, ei­ne in­halt­li­che Stel­lung­nah­me zur Fra­ge der drit­ten Röh­re kä­me ver­früht. Das UVEK ha­be die ETH be­auf­tragt, die «Prio­ri­sie­rung der Pro­jekt­port­fo­li­os von Stras­se, Schie­ne und Ag­glo­me­ra­ti­ons­pro­gram­men» zu un­ter­su­chen, erst dann wer­de über das wei­te­re Vor­ge­hen ent­schie­den. Der Idee von Göt­te, bei künf­ti­gen Pro­jek­ten die­je­ni­gen Re­gio­nen zu be­vor­zu­gen, die der Vor­la­ge für die Au­to­bahn­aus­bau­ten zu­ge­stimmt hät­ten, er­teil­te der Bun­des­rat je­doch ei­ne Ab­fuhr. 

Die IHK St.Gal­len-Ap­pen­zell hat­te sich nach der Ab­stim­mung mit ei­ner Me­di­en­mit­tei­lung ge­äus­sert. Dar­in liess sich Mar­kus Bän­zi­ger mit den Wor­ten zi­tie­ren, die Po­li­tik sei nun ge­for­dert, «al­ter­na­ti­ve Lö­sun­gen für ei­ne wir­kungs­vol­le Ver­kehrs­ent­las­tung» zu fin­den. Von sol­chen al­ter­na­ti­ven Lö­sun­gen war am Don­ners­tag we­nig bis gar nichts zu hö­ren, we­der von Bän­zi­ger noch von den an­de­ren Teil­neh­mer:in­nen. Statt­des­sen mu­te­te die Ver­an­stal­tung an, als be­fin­de sich die Al­li­anz im­mer noch im Ab­stim­mungs­kampf. Zu hö­ren gab es die alt­be­kann­ten Ar­gu­men­te: zu­neh­men­der Ver­kehr, dro­hen­de Eng­päs­se, stun­den­lan­ge Staus, man­gel­haf­te Er­reich­bar­keit, feh­len­de Stand­ort­at­trak­ti­vi­tät. 

Ost­schweiz fi­nan­zi­ell be­nach­tei­ligt 

Die Er­reich­bar­keit auf al­len Ver­kehrs­we­gen sei ein ent­schei­den­der Stand­ort­fak­tor und ei­ne Vor­aus­set­zung für die At­trak­ti­vi­tät ei­ner Re­gi­on, sei es für die Wirt­schaft oder «als Ort zum Woh­nen, Le­ben und Ar­bei­ten», sag­te Bän­zi­ger an der Me­di­en­kon­fe­renz. Die Stras­se blei­be der «gros­se, gros­se Ver­kehrs­trä­ger für Men­schen und Gü­ter». Da­bei sei die Rea­li­sie­rung von Mo­bi­li­täts­pro­jek­ten ein «po­li­ti­sches Rin­gen zwi­schen den Kan­to­nen», das spieg­le sich in der Ver­tei­lung der Mit­tel: Zwi­schen 1990 und 2021 ha­be der Bund 37 Mil­li­ar­den Fran­ken für den Neu­bau von Na­tio­nal­stras­sen aus­ge­ge­ben, nur 3,6 Pro­zent da­von sei­en in die fünf Kan­to­ne St.Gal­len, Thur­gau, bei­de Ap­pen­zell und Schaff­hau­sen ge­flos­sen, in de­nen zehn Pro­zent der Schwei­zer Be­völ­ke­rung leb­ten. Das er­klä­re auch, war­um sie ge­schlos­sen den Au­to­bahn­aus­bau­ten zu­ge­stimmt hät­ten. Bei die­sen hand­le es sich nicht um «pau­scha­le Aus­bau­pro­jek­te», son­dern um «ziel­ge­rich­te­te Mass­nah­men zur Ver­bes­se­rung der be­stehen­den Li­ni­en­füh­rung». Es ge­he al­so nicht um Ka­pa­zi­täts­er­wei­te­run­gen auf Vor­rat, son­dern um Ent­las­tun­gen. Im Vor­der­grund stün­den da­bei «res­sour­cen­scho­nen­de Tun­nel­lö­sun­gen». 

Isa­bel Schorer stell­te ih­ren Vor­trag un­ter den Ti­tel «Ur­ba­ner Herz­in­farkt oder ur­ba­nes Le­ben». Wer glau­be, dass die Ver­kehrs­ver­la­ge­rung auf den öV aus­rei­che, um die not­wen­di­ge Mo­bi­li­tät für Mensch und Wirt­schaft in und um St.Gal­len zu be­wäl­ti­gen, igno­rie­re schlicht die Rea­li­tät. Wenn die Stadt­au­to­bahn als Rück­grat über­las­tet sei, kol­la­bie­re das gan­ze städ­ti­sche Stras­sen­netz, in­klu­si­ve des öV. Dann sei­en auch Men­schen­le­ben ge­fähr­det, weil Blau­licht­or­ga­ni­sa­tio­nen nicht mehr durch­kä­men. «Es geht nicht mehr um Ideo­lo­gie und um Ideen, son­dern schlicht und ein­fach um Facts.» Fak­ten zur Häu­fig­keit sol­cher Ver­kehrs­kol­lap­se in der Stadt St.Gal­len oder zur Dau­er der täg­li­chen Staus auf der Stadt­au­to­bahn und dem Kno­ten Kreuz­bleich/St.Le­on­hard gab es von Schorer aber nicht zu hö­ren. Viel­leicht, weil die Si­tua­ti­on gar nicht so dra­ma­tisch ist?

SVP-Prä­si­dent ope­riert mit fal­schen Zah­len 

In die­sel­be Ker­be schlug Do­nat Kur­at­li. Heu­te wür­den täg­lich über 80'000 Fahr­zeu­ge durch den Ro­sen­berg­tun­nel fah­ren – 25 Pro­zent mehr als vor zehn Jah­ren. Das zei­ge un­miss­ver­ständ­lich, in wel­che Rich­tung sich die Mo­bi­li­tät be­we­ge. Die­se Zah­len sind al­ler­dings falsch. Rich­tig ist: Der Ver­kehr durch den Ro­sen­berg­tun­nel hat sich ge­mäss Mes­sun­gen des städ­ti­schen Tief­bau­amts zwi­schen 1990 und 2016 fast ver­dop­pelt – von 44'000 Fahr­zeu­gen pro Tag auf 80'400. 2017 und 2018 blieb die Ver­kehrs­men­ge gleich hoch, 2019 ging sie auf un­ter 79'000 Fahr­zeu­ge zu­rück, 2020 brach sie we­gen Co­ro­na auf rund 70'000 Fahr­zeu­ge ein und seit­her hat sie sich zwi­schen 72'000 (2022) und knapp 73'000 (2023) ein­ge­pen­delt. Das ent­spricht dem Wert von 2009. Man müss­te al­so von ei­nem Rück­gang von fast 10 Pro­zent re­den und nicht von ei­nem An­stieg von 25 Pro­zent. 

Was Kur­at­li rich­ti­ger­wei­se auch sag­te: Ein er­heb­li­cher Teil des Ver­kehrs auf der St.Gal­ler Stadt­au­to­bahn sei in­ner­städ­ti­scher Ver­kehr. Ge­nau des­halb brau­che es die drit­te Röh­re und «zwin­gend auch die Teil­span­ge Gü­ter­bahn­hof». Ideen, wie man den in­ner­städ­tisch ver­ur­sach­ten In­di­vi­du­al­ver­kehr bän­di­gen oder ver­la­gern könn­te, gab es von ihm je­doch nicht zu hö­ren. Im Ge­gen­teil. Men­schen müss­ten zur Ar­beit, ih­re Kin­der in die Schu­le brin­gen oder ih­re Frei­zeit ge­stal­ten – für Lö­sun­gen oh­ne Au­to fehlt of­fen­bar die Fan­ta­sie. So sag­te Kur­at­li wei­ter, es sei «ei­ne Il­lu­si­on», dass sich die Ver­kehrs­pro­ble­me durch bes­se­res Ver­kehrs­ma­nage­ment lö­sen lies­sen.

Wo kein Wil­le ist, ist auch kein Weg. Und wo kein Weg ist, kön­nen nur neue Stras­sen hel­fen. Pas­send da­zu rühm­te sich die SVP der Stadt St.Gal­len, die Kur­at­li prä­si­diert, im Wahl­kampf vor den Stadt­par­la­ments­wah­len vom ver­gan­ge­nen Sep­tem­ber auf ih­ren So­cial-Me­dia-Ka­nä­len da­mit, sie ha­be sich als ein­zi­ge Par­tei ge­gen das «Mil­lio­nen­pro­jekt Ve­lo­tun­nel» bei der Kreuz­blei­che – ein «un­nö­ti­ges Lu­xus­pro­jekt» – ge­wehrt. 

Stras­sen als «Le­bens­adern» 

Mit ähn­li­chen Be­grün­dun­gen wie Schorer und Kur­at­li ver­tei­dig­te Ni­na Schär­rer die zwei­te Röh­re des Fä­senstaub­tun­nels in Schaff­hau­sen. Jé­rô­me Mügg­ler wie­der­um be­zeich­ne­te die Bo­den­see-Thur­tal­stras­se (BTS) als «Le­bens­ader von Ost nach West». Wenn die­se nicht funk­tio­nie­re, ha­be man ein ge­sund­heit­li­ches Pro­blem, und das tref­fe auch auf den Thur­gau als schweiz­weit am stärks­ten wach­sen­den Kan­ton zu. Phil­ipp Gem­per­le er­gänz­te, die BTS sei kein Stras­sen­pro­jekt, das sei «nur Mit­tel zum Zweck». Sie sei viel­mehr «ein Ent­wick­lungs­pro­jekt, ein Er­schlies­sungs­pro­jekt, ein Lärm­schutz­pro­jekt», ja so­gar «ein Um­welt­pro­jekt». Die Thur­gau­er Be­völ­ke­rung ha­be 2012 da­zu Ja ge­sagt und war­te seit­her, dass et­was pas­sie­re. Die gan­ze Sied­lungs- und Ver­kehrs­ent­wick­lung im kan­to­na­len Richt­plan sei dar­auf ab­ge­stimmt. «Wenn die BTS nicht kommt, funk­tio­niert die gan­ze Pla­nung nicht.» 

Von Na­tio­nal­stras­sen als «wirt­schaft­li­chen Le­bens­adern» für den länd­li­chen Raum sprach auch Mi­cha­el Kol­ler. Die Aus­bau­ten im Ap­pen­zel­ler­land wür­den ge­mäss Wer­ner Gie­zen­dan­ner die He­ri­sau­er Quar­tie­re vom Ver­kehr ent­las­ten. 

Ih­re selbst­auf­er­leg­te Pflicht, die Ver­kehrs­pro­ble­me zu lö­sen, se­hen die Ver­tre­ter:in­nen der Al­li­anz al­so wei­ter­hin dar­in, vor al­lem für neue Stras­sen zu kämp­fen. Dass man die Ver­kehrs­trä­ger nicht «ge­gen­ein­an­der aus­spie­len» darf – ein Bon­mot von bür­ger­li­cher Sei­te, so­bald es um Mass­nah­men ge­gen Au­tos geht –, ha­ben sie auch an der Me­di­en­kon­fe­renz mehr­fach be­tont. Man wird al­so hin­schau­en müs­sen, ob sie die­se Pflicht auch bei künf­ti­gen Pro­jek­ten für den Aus­bau den öV so­wie des Fuss- und Vel­over­kehrs wahr­neh­men.