Kultur?? Kultur!!

Am 30. März referiert Bundesrat Alain Berset in St.Gallen über die nationale Kulturpolitik. Anschliessend diskutieren Ostschweizer Fachleute – über Geld, aber auch über Visionen. Saiten organisiert den Anlass.
Von  Peter Surber

Seit Bundesrat Alain Berset (im Bild oben bei der Eröffnung des Filmfestivals Locarno) die Dossiers führt, weht in der helvetischen Kulturpolitik ein frischer Wind. Für die kommenden Jahre hat er eine ambitionierte Kulturbotschaft vorgelegt, die jetzt ins Parlament kommt. Von deren Inhalten war bisher in der Ostschweiz allerdings nur zu hören, dass sich gleich mehrere Institutionen Hoffnungen auf eidgenössische Fördergelder machen: die Stiftsbibliothek, das Textilmuseum und das Roothuus in Gonten. Ausführlicheres dazu hier – am 12. März berät der Ständerat als Erstrat die Kulturbotschaft.

Die bisherigen Empfänger von Bundessubventionen sind unter anderem das Alpine Museum in Bern, das Verkehrshaus, das Technorama, der Ballenberg, das Schweizer Tanzarchiv, das Architekturmuseum oder das Haus für elektronische Künste in Basel. Schaut man sich diese Liga an, so stellt man zum einen fest: Die Ostschweiz kommt nicht vor. Und zum andern scheint es nicht ausgeschlossen, dass sich auch hiesige Institutionen als «national bedeutsam» behaupten könnten.

«Leuchtturm»-Förderung ist allerdings in der Kulturbotschaft nicht viel mehr als eine Fussnote. Im Vordergrund stehen die gesellschaftlichen «Megatrends», auf die der Bund mittels Kulturpolitik reagieren will: Globalisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel, Individualisierung und Urbanisierung. Aus ihnen leitet die Botschaft drei «Handlungsachsen» ab: Kulturelle Teilhabe, gesellschaftlicher Zusammenhalt sowie Kreation und Innovation.

Kulturelle Teilhabe

Die «kulturell diverse Gesellschaft», wie es in der Botschaft heisst, braucht Kitt – und dieser Kitt kann die Kultur sein. Doch das traditionelle Kulturangebot erreicht eine zunehmende Zahl von Kindern und Erwachsenen nicht, umgekehrt ignoriert die Kulturförderung bestimmte Kulturträger, insbesondere die Volkskultur. «Als Teil der Gesellschaftspolitik muss die Kulturpolitik konsequent die gesamt Bevölkerung und ihr Miteinander im Auge haben», heisst es in der Botschaft. Ein zentrales Feld ist die Jugendmusikförderung – siehe dazu das Gespräch im Märzheft von Saiten. Hinzu kommen Leseförderung oder der Aufbau einer «virtuellen Nationalgalerie», um der Bevölkerung die Eidgenössischen Kunstsammlungen näher zu bringen.

Gesellschaftlicher Zusammenhalt

Hier soll vor allem der Austausch zwischen den Sprachregionen verstärkt werden. Zuvorderst durch literarische Übersetzungen – eine Arbeit, die von den Verlagen kaum noch finanziert werden könne und für welche der Übersetzer-Nachwuchs fehle. Weiter will der Bund das Italienische und den schulischen Austausch fördern, daneben die Baukultur voranbringen und die Lebensbedingungen der Fahrenden als kulturelle Minderheit verbessern.

Kreation und Innovation

Die schwammigste der drei Handlungsachsen betont die Rolle der Kunst als «wichtiges Experimentier- und Erprobungslabor für Fragen der Zukunft», das «Innovations- und Erneuerungsprozesse» auslösen könne. Deshalb soll die Zusammenarbeit zwischen Kunstschaffenden und der Wirtschaft etwa im Bereich Design und digitale Medien intensiviert werden, zudem ist eine Standortförderung für Filmproduktionen angedacht.

Fast eine Milliarde Franken

Vierjahrespläne sind ein neues Instrument der Kulturförderung – in den Kantonen teils bewährt, beim Bund erstmals 2012-15 praktiziert. Gegenüber jenem ersten Programm rechnet die jetzige (ausnahmsweise auf fünf Jahre verlängerte) Botschaft 2016-20 mit rund 112 Millionen mehr oder insgesamt 894,6 Millionen Franken. Nicht nur dies dürfte im Parlament (und in der Lokremise) zu reden geben.

 

Kultur?? Kultur!!: Montag, 30. März, 19 Uhr, Lokremise St.Gallen.

Referat von Bundesrat Alain Berset, Diskussion mit Martin Klöti (Regierungsrat SG), Martha Monstein (Kulturamtsleiterin TG), Josef Felix Müller (Künstler) und Kaspar Surber (Palace-Mitgründer), Moderation: Stefan Keller, Schlusswort: Ständerat Paul Rechsteiner.